18/12/2023

Ja, ist denn schon wieder ...?

Tatsächlich! Heute in einer Woche ist es soweit: Es ist mal wieder Weihnachten. Und wie jedes Jahr kommt das Fest immer so plötzlich und noch nichts ist fertig.

Deshalb nur ganz kurz: Die Werkstattkatze und ich wünschen allen unseren Leserinnen und Lesern ein fröhliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch (bitte ohne Feuerwerk!) ins Jahr 2024.

Hier im Blog geht es nach der Weihnachtspause weiter am 15. Januar. Diesmal ist die Blogpause lang, denn wir müssen etwas vorbereiten ...

Ein geflochtener großer Untersetzer aus Bananenblättern mit vier Bienenwachskerzen und Kiefernzapfen, Zimtstangen, Sternanis, Orangenscheiben, Fichtenzapfen, Ilexbeeren usw. auf einem länglichen Kerzenteller als Adventskranz. Es brennen drei Kerzen, weil in diesem Jahr (2023) der 4. Advent mit Heiligabend zusammenfällt.

Und jetzt noch etwas für alle, die um diese Jahreszeit noch Muße zum Lesen haben: Vielleicht haben Sie bemerkt, dass ich die Werkstattkatze diesmal nicht WerkstattWeihnachtskatze genannt habe. Gestern haben wir nämlich im Radio von der isländischen Weihnachtskatze Jólakötturinn gehört. Sie ist sehr groß, bösartig und hungrig. Am liebsten verspeist sie faule Kinder und andere Leute, die nicht dazu gekommen sind, Schafe zu scheren, Wolle zu spinnen und sich daraus für den Winter neue Kleidung zu machen. Jólakötturinn darf alle Menschen fressen, die an Heiligabend keine neue Kleidung haben. Man merkt, dass diese Geschichte aus einer Zeit lange, lange vor Fast Fashion stammt. Zu allem Überfluss gehört diese Katze zur Familie der Trollfrau Grýla, und mit solchen Leuten wollen wir nun wirklich nicht verwechselt werden!!!

Gleðileg Jól!

Ich freue mich über Kommentare an ateliergry@gmail.com.

12/12/2023

Nachlese Weihnachtsmesse Karlsruhe

Vom 7. bis zum 10. Dezember fand die Weihnachtsmesse Karlsruhe statt, oder, mit vollem Titel: die KUNST HANDWERK DESIGN Weihnachtsmesse für angewandte Kunst im Regierungspräsidium am Rondellplatz in Karlsruhe. Ich war am letzten Tag, dem 2. Advent, vor Ort im Foyer und habe vorgeführt, dass man den Werkstoff Papier auch zu Sternen (und Kranichen) falten kann. Am Donnerstag und Freitag waren die Kolleginnen Susanne Natterer bzw. Ulrike Janzen-Böllhoff da und haben Buchbindetechniken gezeigt, am Samstag gab es Papier- und Pappmaché-Kunst mit Andrea Wennekers und am Sonntag gab es mich.

Schaufenster des Regierungspräsidiums am Rondellplatz in Karlsruhe mit einer Reihe weißer quadratischer Podeste. Darauf stehen das Lotos Box Trio, das Torii Box Trio und weitere Bücher und Schachteln von Atelier Gry, mit Werken von Susanne Natterer und Ulrike Janzen-Böllhoff weiter im Hintergrund. In der Scheibe spiegeln sich die Fassaden der Häuser gegenüber.
Schaufenster des Regierungspräsidiums am Rondellplatz in Karlsruhe mit einer Reihe weißer quadratischer Podeste. Darauf stehen Etuis und Notizbücher, zwei große Bücher mit Retchoso-Bindung und eins mit Criss Cross Bindung, im Hintergrund das Torii Box Trio und das Lotos Box Trio, alles von Atelier Gry.
Das Foyer des Regierungspräsidiums am Rondellplatz in Karlsruhe, ein typischer Nachkriegs-Behördenbau mit viel Waschbeton. Für die Ausstellung bestückt mit roten Stellwänden, weißen Podesten, Alu-Vitrinen und bevölkert von rund einem Dutzend Besuchern in Wintermänteln. Im Vordergrund ein Arbeitstisch mit Materialien für Faltsterne.
Blick über meine Schulter beim Falten. Neben meinen Händen sieht man eine hellgraue Schneidematte, verschiedene Papierquadrate in Dunkelrot und Gold, und mein weißes Teflon-Falzbein.
Von oben links im Uhrzeigersinn:
Meine Werke im Schaufenster von außen und von innen gesehen,
das Foyer füllt sich mit Besuchern, über die Schulter geschaut.

Ich freue mich über Kommentare an ateliergry@gmail.com.

04/12/2023

Die Kraniche des Dezember

Es ist Dezember und es weihnachtet sehr, außer bei den Kranichen. Wie sollte es auch anders sein, in Japan gibt es unser westliches Weihnachtsfest nicht. Keine Spur von Tannengrün und Glockenklang ... aber halt, sind da nicht Glockenblumen abgebildet?

Vier Origami-Kraniche mit Hanafuda-Muster für den Monat Dezember inmitten von Tannengrün und Erika und rostigen Waldtierfiguren

Tatsächlich sind das die Blüten des Blauglockenbaums (Paulownia tomentosa), des einzigen Baumes, der edel genug ist, dass ein Phoenix würdig in ihm sitzen kann. Und da ist er auch, der Phoenix (auf dem Kranichflügel ganz links).

Origami-Kraniche mit Hanafuda-Muster für den Monat Dezember: Detailansicht

Wir sagen DER Phoenix und kennen ihn als den Vogel, der aus seiner eigenen Asche wiederaufersteht. Der chinesische Phoenix hier ist ein weibliches Fabelwesen und setzt sich nicht selbst in Brand, sondern zeigt sich nur dort, "wo die Herrscher wohl regieren", wo also Frieden und Wohlstand herrscht. Dieser Phoenix ist weiblich, damit man sie mit dem Drachen (traditionell männlich) kombinieren kann. Zusammen repäsentieren die beiden dann Kaiser und Kaiserin, ursprünglich in China und heutzutage in Japan und auch Korea.

Der edle Baum als Sitzgelegenheit für diesen kaiserlichen Vogel ist heute gefürchtet als invasive Art. Möglicherweise liegt das daran, dass man früher in China die Kisten mit Porzellan für den Export mit den weichen Paulownia-Samen ausgepolstert hat. Dieser Baum wächst extrem schnell, hat in seiner Jugend riesige Blätter, und scheint auch sonst ein Gärtnerliebling zu sein.

Paulownia-Holz ist leicht, stabil und schwer entflammbar. In Japan (wo es dank häufiger Erdbeben früher regelmäßig dazu gekommen ist, dass ganze Häuser (und Tempel und Paläste) abbrannten) hat man die Schränke zur Aufbewahrung der wertvollen Kimonos aus Paulownia-Holz gemacht. Um sicherzugehen, dass jede Frau mit wertvollen Kimonos auch einen solchen Schrank besitzt, war es üblich, zur Geburt eines Mädchens ein paar Paulownias zu pflanzen. Rechtzeitig zur Hochzeit - diese Bäume wachsen schnell - war dann genug Holz für einen Schrank als Hochzeitsgeschenk da. Ob unverheiratete Damen auch so einen hatten?

Mit den Kranichen des Dezember endet das Jahr und meine Serie über die Hanafuda-Kraniche im Jahreszeitendekor. Wenn Sie einmal sehen möchten, wie die Motive auf den eigentlichen Hanafuda-Spielkarten aussehen, gibt es hier eine schön gemachte Übersicht mit englischsprachigen Erklärungen.

Ich freue mich über Kommentare an ateliergry@gmail.com.


Nachtrag zum 6. Dezember:

KUNST HANDWERK DESIGN - Weihnachtsmesse für angewandte Kunst: Karlsruhe vom 7. bis 10.12.2023

In diesem Jahr zum 30. Mal mit 38 Aussteller*innen aus den Bereichen Keramik, Textil, Holz, Metall, Leder, Schmuck
UND
der Sonderpräsentation im Foyer, die dem Werkstoff Papier gewidmet ist. Gestern war ich in Karlsruhe zum Aufbau, Sonntag den 10. Dezember bin ich vor Ort als eine der Meisterinnen ihres Fachs, der sie beim Arbeiten über die Schultern schauen können. Wenn Sie dabei auf der Treppe stehen ...
Und als special guest mit dabei: die Kraniche! Alle 48 Kraniche sind in Karlsruhe, teils in Form einer Vitrinen-Installation, teils auf der Ersatzbank.

Ausstellerverzeichnis, Adresse, Öffnungszeiten

20/11/2023

Schenken einmal ganz anders betrachtet

Schon lange geplant, hat es zum Jubiläum endlich geklappt: Ich spreche mit einem Menschen mit Fachwissen darüber, wie in anderen Gesellschaften als der unseren das Schenken gehandhabt wird. Unsere Lebenswelt ist ja nicht die einzig mögliche, und zwecks Horizonterweiterung ist es doch immer interessant zu sehen, was andere Menschen so tun.

Schwarzweiße Katze sitzt auf einer karierten Wolldecke einem Menschen auf dem Schoß und wird gestreichelt
Weil mein Gegenüber anonym bleiben will, wenden wir einen filmischen Trick an und zeigen nur die Katze, die auf dem Schoß sitzt!

Woher hast Du Dein Wissen über andere Gesellschaften?

"Aus der Ethnologie, mein Fachgebiet. Ethnologen ruinieren ihren ökologischen Fußabdruck und fahren in die Welt hinaus, um bei fremden Völkern zu forschen und vor Ort Daten zu sammeln, damit man ihre Kultur und ihr Wissen verstehen und bewahren kann. Damit versteht man auch immer die eigene Kultur ein bisschen besser. Natürlich kann man als Ethnologe auch gleich seine eigene Kultur erforschen, aber das machen leider noch nicht sehr viele von uns."

Schenkt man anderswo anders als bei uns?

"Also, was und wem geschenkt wird und zu welchem Zweck ist sehr verschieden. Generell kann man sagen: Schenken erschafft Beziehungen. Das ist auch die Kernaussage bei Marcel Mauss (ein Franzose, der sich 'Mohs' ausspricht) in seinem Werk Essai sur le don (dt.: Die Gabe) von 1923, auf das sich noch heute alle beziehen, die über Geschenkaustausch schreiben. Da sehen wir gleich, dass man bei uns Menschen beschenkt, mit denen man bereits eine Beziehung hat, also Kinder, Familie und Freunde. Wir haben nämlich das ursprünglich beziehungsschaffende Schenken im sozialen Zusammenleben weitgehend verloren.

Was wir aber noch haben, ist, dass eine Gabe erwidert werden muss. Also, jedes Geschenk verlangt zumindest nach einer Reaktion. Mauss fasst das zusammen als: Geben – Annehmen – Erwidern. In den von ihm untersuchten Kulturen gibt es einen verbindlichen Umlauf von Gaben, der dazu führt, dass sich extreme Unterschiede im Privateigentum (wie wir sie haben) gar nicht erst aufbauen können. Mauss beschreibt Kulturen eigentlich ohne privates Eigentum, denn alles, was man bekommt, muss man in einem festgelegten Zeitrahmen auch wieder weitergeben. Insofern heißt Schenken Reichtümer zu verteilen."

Wie genau funktioniert das?

"Die Bewohner der Trobriand-Inseln in Melanesien, nördlich von Australien, machen es so: Diese Inseln sind ungefähr kreisförmig angeordnet. Die Einwohner einer Insel fahren mit dem Boot zu einer ihrer Nachbarinseln. Dort treiben sie Handel, kommen unter neue Leute und sehen Dinge, die es auf ihrer eigenen Insel nicht gibt. Hauptzweck der Reise ist aber der Geschenketausch, das Kula-Ritual, mit einem festgelegten Tauschpartner. Verschenkt werden immer entweder Armreifen aus einer weißen Muschel oder Halsketten aus roten Muschelplättchen. (Hier gibt's Fotos.) Und diese Dinge machen in entgegengesetzter Richtung die Runde durch die Inselgruppe, denn sie werden immer weitergegeben: die Armreifen gegen den Uhrzeigersinn, die Ketten im Uhrzeigersinn.

Die Kette gebe ich also meinem Tauschpartner von der Insel rechts von mir, den Armreif meinem Partner von der Insel links von mir. Die Bewohner der anderen Inseln machen es ebenso. Das ist ziemlich genial, denn es stellt sicher, dass es keine direkten Vergleichsmöglichkeiten gibt (so im Sinne von: "Meine Kette ist aber schöner als Deine!").

Es kommt aber noch besser! Man muss wissen, dass diese Geschenke sehr wertvoll und bekannt sind, eigene Namen und Geschichten haben. Jeder weiß, wer gerade welches Geschenk bekommen hat und das wertet das gesamte Dorf auf. Und trotzdem ist mein Tauschpartner auf der Insel rechts anfangs überhaupt nicht begeistert von der wertvollen Kette, die ich verschenken will, sondern weist meine Gabe ab. Da wird tatsächlich gesagt: "So einen Mist will ich nicht!". Ich muss es noch einmal versuchen, und erst beim dritten Anlauf nimmt er meine Gabe eher widerwillig an. Damit kehren sie sehr schön die üblichen Machtverhältnisse zwischen dem Gebenden und dem Beschenkten um."

Stell Dir das mal unter'm Weihnachtsbaum vor! Sagt das Enkelkind zur Oma: "Bah, was ist denn das? Das neueste iPhone – so'n Quatsch will ich nicht!"

"Eben! Aber beim Kula-Ritual achtet man sehr auf Ausgeglichenheit und Gerechtigkeit, und die durch die Inselgruppe wandernden Geschenke verknüpfen wortwörtlich die Bewohner einer Insel mit der der anderen und erschaffen so überhaupt erst eine Gesellschaft der Trobriand-Inseln.

So, beim melanesischen Kula-Ritual wird also Reichtum verteilt, so dass jeder einmal etwas davon hat. Schenken kann aber auch heißen, Reichtümer zu zerstören. Mauss beschreibt da den Potlatch bei den nordwest-amerikanischen Ureinwohnern. Das ist eine kriegerische Gesellschaft und der Potlatch ein bedeutendes religiöses und rituelles Ereignis, aber deutlich ein Überbietungswettbewerb. Es ist wichtig, den jeweils anderen so lange mit Gaben zu überhäufen, bis einer nicht mehr erwidern kann, also dass einer mehr gibt als der andere. (Da fallen Dir bestimmt die 'Geschenkeschlachten' zu Weihnachten ein!) Die Gaben werden dem anderen aber nicht nur überreicht, manche werden stattdessen zerstört. Beispielsweise werden da wertvolle Kupferplatten ins Meer geworfen, Wolldecken verbrannt oder auch Schlittenhunde getötet. Bei den Kwakiutl, einem Stamm von der pazifischen Nordwestküste, heißt der Potlatch deshalb auch 'Das Eigentum töten'."

Und warum machen sie so etwas sinnloses?

"Weil das für sie nicht sinnlos ist! Man darf sich das jetzt nicht so vorstellen, dass alle Leute sich regelmäßig bei einem Potlatch gegenseitig in den Ruin treiben. Nur Häuptlinge veranstalten einen Potlatch, und nur zu ganz besonderen Anlässen, so etwa ein- bis zweimal im Leben.

Warum macht das für sie Sinn? Erstmal basiert das Wirtschaftsdenken der nordwest-amerikanischen Ureinwohner auf Überfluss, der regelmäßig reduziert werden muss, damit das Ganze nicht überhand nimmt, denn es ist mehr als genug für alle da. Bei uns im Westen steht eher der Mangel im Zentrum. Da kann man jetzt darüber diskutieren, ob das eine oder das andere der Wahrheit entspricht, aber es soll ja auch hier Künstler geben, die ihre Werke verbrennen, wenn sie sie nicht verkaufen können.
Ein weiterer Grund ist, dass beim Potlatch der eigentliche Adressat des Gebens – Annehmens – Erwiderns nicht mein menschliches Gegenüber ist, sondern die Götter, die mir diesen Reichtum, diesen Überfluss geschenkt haben. Bei den Kwakiutl nennt man die Kupferplatten, die ins Meer geworfen werden, deshalb 'Bringer von Kupferplatten'. Man gibt, und erwartet (von den Göttern!) mehr Gaben im Gegenzug.
Übrigens war der Potlatch früher eine Zeit lang in den USA und Kanada verboten. Und da haben einige Häuptlinge ihren Potlatch in die Weihnachtszeit verlegt, als Bescherung getarnt."

Dass das überhaupt möglich ist, sagt doch einiges über Weihnachten, oder? Vielen Dank für das interessante Gespräch und für Deine Zeit!

Natürlich konnten wir ein so bedeutendes Thema wie den Geschenketausch in verschiedenen Kulturen nur oberflächlich ankratzen. Wer mehr wissen will: Marcel Mauss' Die Gabe ist beim Suhrkamp Verlag erschienen oder kann in Bibliotheken ausgeliehen werden.

Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern eine schöne Adventszeit, wenn sie nächste Woche beginnt!

Ich freue mich über Kommentare an ateliergry@gmail.com.

15/11/2023

Weihnachten 2023

In diesem Jahr gibt es keinen Weihnachtsmarkt online, denn Atelier Gry ist wieder live und in Farbe unter Leuten. Meine Werke finden Sie in der Galerie Handwerk Koblenz, mich selbst am 10. Dezember auf der Weihnachtsmesse in Karlsruhe. Im Foyer des Regierungspräsidiums am Rondellplatz sitze ich, umgeben von meinen und den Werken dreier anderer Buchbinderinnen und Papierkünstlerinnen, und falte Origamisterne. Die Werkstattkatze hat übrigens dankend abgelehnt, mich zu begleiten.

Für alle, die weder nach Koblenz noch nach Karlsruhe kommen wollen, gibt es wieder ein verlängertes Weihnachtsrückgaberecht bis zum 20.01.2024 für eine entspanntere Adventszeit und weniger Stress unter'm Weihnachtsbaum, natürlich auch für Selbstabholer.

Für einen Postversand rechtzeitig zu Weihnachten ist der Annahmeschluss (siehe E-Mail-Bestellung, Schritt 3) dieses Jahr der 19. Dezember 2023, 18 Uhr. Bei einer späteren Bestellung kommt die Sendung erst nach Weihnachten an. Zwischen Weihnachten und Neujahr lege ich eine Versandpause ein. Selbstabholer können ihre Bestellung bis zum 22. Dezember (einschließlich) nach Voranmeldung bei mir abholen.

A propos Werkstattkatze: Auch dieses Jahr spende ich von jedem Kauf 10% des Kaufpreises an TASSO, dem Haustierzentralregister für die Bundesrepublik Deutschland.

Ich freue mich über Kommentare an ateliergry@gmail.com.

13/11/2023

Winterausstellung 2023

Es ist wieder soweit! Am 16. November startet DAS Highlight der Kunsthandwerkerszene in meiner alten Heimat: die Winterausstellung in der Galerie Handwerk Koblenz. Mit dabei auch wieder meine Schachteln, Bücher, Karten, Lesezeichen und Sterne, die am 25. November aus sicherer Entfernung lebkuchenverzierende Kinder und eine echte deutsche Meisterin im Konditoren-Handwerk beobachten können. Das ist im letzten Jahr gut gegangen und wird auch hoffentlich in diesem Jahr wieder gut gehen.

Auslage der Atelier-Gry-Exponate für die Winterausstellung 2023: Weihnachtskarten, die Reise-Engel, Geldgeschenk-Karten, Notizhefte für die Tasche, Sterne, Schachteln und Lesezeichen
Für die Weihnachtspost, die Dekoration und den kleinen Geschenkebedarf: Weihnachtskarten, die Reise-Engel, Geldgeschenk-Karten, Notizhefte für die Tasche, Sterne (entwickelt von Carmen Sprung), Schachteln und Lesezeichen.
Auslage der Atelier-Gry-Exponate für die Winterausstellung 2023: Schmuckboxen, Doppelbücher, Bleistiftschachteln, Adressbücher wie früher, Visitenkartenboxen und Brillenboxen
Darf es etwas mehr sein? Hier sind feine Gaben, die auch für kleinere Geldbeutel bezahlbar sind: Schmuckboxen, Doppelbücher, edle Bleistiftschachteln, Retro-Adressbücher (wie früher!), Visitenkartenboxen und ganz vorn Brillenboxen. Die passen auch für größere Lese-, Sonnen- und Autobrillen und sind für meine kleine Brille schon etwas zu groß.
Atelier-Gry-Exponate für die Winterausstellung 2023: Fertig befüllte Spielkartenbox und Spieleschachtel mit Karten und Würfel
Atelier-Gry-Exponate für die Winterausstellung 2023: Geöffnete Spielkartenbox mit zwei Kartenspielen für Rommé usw., und geöffnete Spieleschachtel mit Skat-Karten, Würfelbecher, fünf Würfeln, Kniffel-Block und Block zum Notieren von Spielständen
Gegen Langeweile an den Feiertagen helfen die fertig befüllte Spielkartenbox mit Rommé-Karten (links) und die Spielebox (rechts) mit Skat-Karten, Würfelbecher, Würfeln und Spieleblocks. Für alle, die analog zusammen mit anderen Menschen spielen wollen: Schenken, Auspacken und gleich loslegen!
Auch das durchaus erschwinglich für unter 50 Euro.

Das und noch viel, viel mehr von anderen Kunsthandwerkern bis zum 21. Dezember in der Galerie Handwerk Koblenz in der Rizzastraße 24-26, immer montags bis samstags von 11 bis 17 Uhr. Kommen Sie zeitig und schnappen Sie sich die besten Stücke!

Ich freue mich über Kommentare an ateliergry@gmail.com.

06/11/2023

Die Kraniche des November

Im November weichen die Kraniche ab von ihrem üblichen Hanafuda-Muster von zweimal nur die Pflanze des Monats, einmal mit buntem Papierstreifen und einmal mit einem Tier oder Etwas, das den Monat symbolisiert.

Vier Origami-Kraniche mit Hanafuda-Muster für den Monat November auf einer Korkenzieher-Weide

Die Pflanze des Monats November ist die Weide. Passend zum gerade gewesenen Allerseelen ist die Weide mit Geistern verbunden. In Japan sagt man, dass Geister dort erscheinen, wo eine Weide steht. (Damit hätten die Werkstattkatze und ich beste Aussichten, einen Geist zu sehen, da vor und hinter unserem Haus jeweils eine Weide steht!) Diese Assoziation kommt wahrscheinlich daher, dass im Shintoismus Wasser eine Verbindung zur Unterwelt, also zum Reich der Toten, darstellt. Das sieht man auch an dem Brauch, am Ende des japanischen Fests für die Seelen der Ahnen Laternen auf dem Wasser schwimmen zu lassen, die die Seelen zurück ins Totenreich geleiten sollen. Und typischerweise wachsen auch in Japan stets die Weiden neben dem Wasser.

Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat November: Ono no Michikaze und der Frosch

Das Tier, das den November symbolisiert, ist diesmal ein Mensch. Der Herr unter dem Regenschirm ist der japanische Kalligraph Ono no Michikaze (wobei Ono der Familienname ist). Dieser geht an einem Fluss spazieren und sieht (auf dem anderen Kranichflügel) einen Frosch, der auf einen Baum springen will, der zwar aussieht wie eine Palme, aber eine Weide darstellen soll. Das illustriert folgende Legende:

Als Ono no Michikaze, der von 894 bis 966 gelebt hat, einmal wieder mit einer seiner Kalligraphien unzufrieden war, machte er einen Spaziergang im Regen. Dabei sah er, wie ein Frosch immer wieder versuchte, auf den herabhängenden Zweig einer Trauerweide zu springen, der aber zu hoch für ihn war. "Dummer Frosch", dachte Michikaze. "Du wirst nie hoch genug springen können, um den Zweig zu erreichen, egal wie oft du es versuchst." Kaum hatte er dies gedacht, kam ein Windstoß, der die Trauerweide so weit herunterbog, dass der Frosch aufspringen konnte. Michikaze war verblüfft: "Aber ich bin ja der Dumme! Der Frosch hat entschlossen auf seine Chance hingearbeitet und sie genutzt, als sie sich ihm geboten hat. Ich aber habe bisher noch nie so fleißig und gewissenhaft gearbeitet wie er!"

Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat November: Weide und Rauchschwalbe

Es gibt auch einen Kranich, auf dem die Weide mit einer Rauchschwalbe gepaart ist. Für unser Verständnis gehören Schwalben in den Sommer, und was diese Schwalbe im November zu suchen hat, ist nicht ganz klar. Schwalben sind in Japan sehr häufig und berüchtigt dafür, den Menschen auf die Köpfe zu machen (das übernehmen hier bei uns die Spatzen, die auch überhaupt keinen Respekt vor der Werkstattkatze haben). Aber die monogamen Schwalben sind auch Glücksbringer und stehen für eheliche Treue. Und hier ergibt sich vielleicht eine Verbindung zu den Weiden.

Es gibt in Japan mehrere Volkssagen über weibliche Weiden-Geister (also Naturgeister im Gegensatz zu den Geistern der Verstorbenen in Spukgeschichten), die sich mit Männern verheiraten und glücklich mit ihnen zusammenleben, bis ihr jeweiliger Baum gefällt wird. Die Männer haben erstaunlicherweise bis zum Verschwinden ihrer Gattin überhaupt keine Ahnung, dass sie mit einem Geist verheiratet sind! Wenn Sie so etwas interessiert, können Sie hier die Sage von Green Willow auf Englisch nachlesen.

Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat November: Weide und roter Papierstreifen
Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat November: Gewitter mit Regen, Kralle und Trommel

Nach dem Kranich mit dem schon vertrauten roten Papierstreifen, der von einer Weide hängt, kommt einer, auf dem überhaupt keine Weiden zu sehen sind. Was wir hier sehen, ist ein heftiges Gewitter, wobei die Weiden wohl hinter dem dichten Regenvorhang verschwunden sind. Auf dem einen Kranichflügel kommt eine riesige Vogelkralle vom Himmel, um auf eine Trommel auf dem anderen Kranichflügel zu schlagen. Das ist ein Verweis auf den shintoistischen Donnergott Raijin, der für gewöhnlich umgeben von mehreren Taiko-Trommeln dargestellt wird, auf die er schlägt. Diese Trommeln sind mit einem Muster aus drei Komma-ähnlichen Elementen geschmückt, genannt mitsudomoe, genau wie hier.

So, das war eine ganze Menge Japanologie für einen Monat!

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23/10/2023

10 Jahre Atelier Gry: Jubiläums-Sale

Zur Feier des Atelier-Gry-Jubiläums gibt es aber nicht nur ein paar alte Schachteln zu sehen, sondern ab heute auch 20% Rabatt auf alles in der Galerie der Schachteln und in der Galerie der Bücher. Dieser Rabatt gilt von heute 23. Oktober 2023 bis zum 7. Januar 2024 einschließlich. Damit Sie diesen Rabatt auch voll nutzen können, machen die Werkstattkatze und ich in diesem Jahr zwar eine Versandpause über Weihnachten, die Bestellannahme läuft aber währenddessen ununterbrochen weiter.

Noch nie war die Gelegenheit so günstig, sich eine edle Schachtel oder ein edles Buch zu gönnen, sei es zum Verschenken oder zum Selber-Behalten!

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10 Jahre Atelier Gry: Alte Schachteln

Am 27. November 2013 wurde Atelier Gry gegründet. Das ist schon unglaubliche zehn Jahre her!

Zur Feier dieses Jubiläums habe ich ein paar alte Schachteln von vor zehn Jahren aus meinem Fotoarchiv gegraben. Damals war Atelier Gry noch auf der Verkaufsplattform DaWanda und ich erinnere mich gut an die unproduktive Riesenarbeit, die das Fotografieren und Einstellen von Artikeln gemacht hat. Die Schachteln habe ich damals zum Fotografieren in ein Fach meines schwarzbraunen Bücherregals gestellt, mit einem schwarzen Wollpullover als Licht schluckenden Hintergrund und einer gewöhnlichen Leselampe als Beleuchtung – gewaltige Farbstiche inklusive, die man erst einmal wieder entfernen musste.

Drei Ansichten von zwei rechteckigen Bleistiftschachteln vor schwarzem Hintergrund
Vier kleine quadratische Schachteln in verschiedenen Ansichten vor schwarzem Hintergrund

Es waren ganz einfache Schachteln mit Stülpdeckel, die mit Chiyogami oder Katazome-shi bezogen wurden. Inspiriert wurden sie von den Schachteln, die man zu meiner Zeit bei Shepherds in London kaufen konnte. Wie ich sehe, haben sie mit den kleinen quadratischen Schachteln aufgehört, aber die Bleistiftschachteln verkaufen sie noch immer. Aber sie können dort noch ganz andere Sachen, zum Beispiel die neue Bibel für die Krönung von König Charles III.

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09/10/2023

Die Kraniche des Oktober

Acer palmatum, der Fächer-Ahorn, sorgt mit seiner Herbstfärbung in den Parks und Gärten für den sprichwörtlichen Goldenen Oktober. Er würde es auch bei uns tun, wenn die Werkstattkatze und ich einen hätten und dieser nicht durch die anhaltende Dürre geschädigt wäre. Alle Bäume in unserem Garten haben schon einige braune Blätter, aber bei näherem Hinsehen sind das eher Trockenschäden als die einsetzende Herbstfärbung. Die beste Färbung hat derzeit noch der Wilde Wein, und deshalb haben sich die Kraniche des Oktober, die im Herbst natürlich momiji tragen, darauf versammelt.

Vier Origami-Kraniche mit Hanafuda-Muster für den Monat Oktober auf Wildem Wein

Momiji bedeutet 'rote Blätter' oder auch 'Ahorn', was im Herbst ein und dasselbe ist. Und wie die Japaner im Frühling gemeinsam Kirschblüten betrachten – und im Spätsommer den Vollmond – , so zieht es sie im Herbst in die Parks und Wälder zum momijigari, wörtlich: die Jagd nach den roten Blättern. In Deutschland tun wir dies auch, um uns dann bei der Rückkehr nach Hause über das herumliegende Laub in der Einfahrt zu beschweren und den Laubsauger zu zücken. Verrückte Welt!

Neben der Jagd nach den roten Blättern kann man sich im Wald auch auf die Jagd nach Pilzen machen, wenn man sich das zutraut. Dabei stört man dann regelmäßig andere Zeitgenossen, die aber weder auf Blätter noch auf Pilze aus sind, sondern Jagd auf Wild machen. Das gehört auch in den Herbst, und folgerichtig ist auf einem der Oktober-Kraniche ein Hirsch abgebildet; in diesem Fall ein Vertreter von Cervus nippon, der Sikahirsch.

Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat Oktober: buntes Herbstlaub in und Sikahirsch unter Bäumen

In Japan ist man allerdings nicht so eifrig beim Hirsche Jagen, denn im Shintoismus werden die Tiere als Boten der Götter betrachtet. Besonders in der Stadt Nara wimmelt es nur so vor zahmen Sikahirschen. Man kann dort sogar speziell für die Hirsche hergestellte Reiscracker kaufen und an die Tiere verfüttern. Da Hirsche aber eher Gras statt Reiscracker fressen sollten, bekommt ihnen diese Diät nicht besonders gut. Vielleicht haben deshalb einige der Hirsche angefangen, sich zu verbeugen, bevor sie gefüttert werden. Nur: Wenn ein Hirsch den Kopf senkt, hat das nichts mit Ehrerbietung zu tun, sondern bedeutet, dass er gleich zum Angriff übergehen und mit dem Kopf zustoßen wird. Erwähnte ich bereits, dass unsere eine verrückte Welt ist?

Der Name Sikahirsch kommt übrigens vom japanischen shika, was 'Hirsch' bedeutet. Der Sikahirsch ist also ein 'Hirsch-Hirsch', so wie Chai Tee ein 'Tee-Tee' ist. Und der passt ja auch ganz wunderbar in den Herbst.

P.S.: Klappt es nicht mit der farbenfrohen Herbstfärbung, kann man sich sein buntes Herbstlaub immer noch selber machen. ;-)

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25/09/2023

Nichts Besseres zu tun

Ein Essay

Dann und wann begegne ich Menschen, denen die – zumeist unausgesprochen bleibende – Frage auf der Stirn steht: "Warum gehst Du nicht arbeiten?". Eine berechtigte Frage. Kurioserweise haben diese Frager immer selbst eine Arbeit, die sie nicht wirklich gern machen und bei der sie Tätigkeiten ausüben, die jeder beliebige andere Mensch (oder demnächst vielleicht Künstliche Intelligenz) ebenso gut ausführen könnte – womit sie dann aus gutem Grund in ständiger Sorge leben, redundant gemacht zu werden. Das ist in sich selbst schon eine Antwort.

Eine andere – und viel wichtigere – Antwort ist: Weil ich nichts anderes kann und will als Buchbinden. Es ist das Lohnenswerteste, das ich mir vorstellen kann und ich habe buchstäblich nichts Besseres zu tun. Eine andere Buchbinderin hat mir einmal erzählt, dass sie sich bei ihrem ersten Besuch in einer Buchbinderwerkstatt gefühlt hat, als höre sie die Engel singen. Bei mir lacht das Herz, wenn ich schöne Bücher, Schachteln oder Faltarbeiten sehe. Der Kopf will wissen, wie es gemacht wurde und die Hände wollen es nachmachen und weiterentwickeln. Das Schönste ist aber, wenn ein Werkstück, das man bisher nur vor dem inneren Auge gesehen hat, Form annimmt und noch viel besser aussieht, als man sich das vorgestellt hat.

Es hat auch viel mit Glauben zu tun; das heißt, wovon ich glaube, dass es eine sinnvolle Verwendung meiner Lebenszeit ist. In der Galerie Handwerk Koblenz gab es dazu in der ersten Jahreshälfte eine Ausstellung namens CREDO – Warum wir tun, was wir tun, kuratiert von der mir persönlich bekannten und sehr geschätzten Karin Bille, bin ich doch eine von 'ihren' Kunsthandwerkerinnen. Leider war ich zu dem Zeitpunkt nicht mehr in Koblenz und konnte nicht persönlich hingehen, aber im dazugehörigen Pressetext gewinnt man einen Eindruck. Leider ohne Beispiele für die genauen Antworten, die die 17 Spitzenhandwerker gegeben haben.

Stellvertretend hören wir die Antwort der Papierkünstlerin, Buchbinderin und Schachtel-Gestalterin Corinna Weinheimer-Erith. Sie lebt in der Bretagne und war daher nicht Teil der Koblenzer Ausstellung, wäre aber meiner Meinung nach mehr als würdig, unter den Spitzenhandwerkern genannt zu werden: "Was mich zum Schaffen anspornt [ist] die Freude an der Arbeit mit edlen, angenehmen Materialien [...] und einfachen, schönen und sehr zweckmäßigen Werkzeugen. Es ist auch die Freude daran, allein oder im Gespräch mit dem Kunden Herstellungslösungen zu suchen und zu finden, neue Dinge auszuprobieren – und meistens ist auch das Ergebnis ein Freude." (Danke an DeepL für die Hilfe bei der Übersetzung aus dem Französischen.)

Da die nächste Winterausstellung in der Galerie Handwerk Koblenz naht (und bei den gezeigten "Objekten der Spitzenklasse" meine dabei sind), habe ich mich an die Produktion frischer Lesezeichen und Reise-Engel gemacht. Und da ich gerade am Nachdenken war, habe ich mir auch hier die Frage gestellt: Warum eigentlich?

Drei Lesezeichen von Atelier Gry in den Ausführungen Wellen, Zickzack und Wintergarten.

Die elegante Form der Lesezeichen mit zwei Spitzen, die reiche Textur und die schönen Farben des Bezugspapiers, die mit dem Papier farblich harmonisierende Quaste, all das vermittelt Freude beim Betrachten und verweist auf die Freude am Lesen: Das ästhetische Empfinden spiegelt das ästhetische Empfinden beim Lesen eines guten Buches.

Drei Engel aus Papier zum Aufhängen auf schwarzer, goldgesprenkelter Trägerkarte (Trio 1).

Die Engel sind so voller Freude. Es macht Freude, sie herzustellen. Es macht Freude, sie zu betrachten. Gewiss macht es auch Freude, sie per Post zu erhalten. Wie es sich für Engel gehört, verbreiten sie positive Energien und zaubern Lächeln auf Gesichter. Fürchtet Euch nicht! Ein beglückendes Gefühl.

Und deshalb habe ich nichts Besseres zu tun!

Ich freue mich über Kommentare an ateliergry@gmail.com.

11/09/2023

Die Kraniche des September

Jetzt sind die Ferien auch hier in Baden-Württemberg vorbei, aber die Kraniche sonnen sich noch im goldenen Septemberlicht auf der Blauen Passionsblume, weil es im ganzen großen Garten hier keine einzige Chrysantheme gibt.

Vier Origami-Kraniche mit Hanafuda-Muster für den Monat September auf einer blühenden Blauen Passionsblume (Passiflora caerulea)
Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat September: Chrysantheme
Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat September: Chrysantheme
Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat September: Chrysantheme mit blauem Papierstreifen

Von links nach rechts: Zwei Kraniche mit Chrysanthemen und ein Kranich mit Chrysanthemen und einem blauen Papierstreifen.
Unten: Ein Kranich mit Chrysanthemen und rotem Sake-Becher. Darauf steht kotobuki, was 'langes Leben' bedeutet. Sake wird traditionellerweise im Winter gebraut und ist im frühen Frühjahr trinkfertig. Man kann Sake aber auch den Sommer über reifen lassen und ihn im September ausliefern, sobald die Sommerhitze vorbei ist.

Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat September: Chrysanthemen und Sake-Becher

Bei unseren europäischen Nachbarn und teilweise auch in Deutschland ist die Chrysantheme die typische Friedhofsblume – wahrscheinlich weil früher um Allerheiligen die Auswahl an blühenden Blumen doch recht eingeschränkt war. In China kultiviert man schon seit dem 15. Jahrhundert v. Chr. Chrysanthemen, und von dort sind sie auch nach Japan gekommen. Ab dem 8. Jahrhundert wurden sie dort kultiviert, inklusive einer Züchtung mit riesigen Blüten von über 20 cm Durchmesser. In Japan gibt es einen Chrysanthemen-Tag, Chrysanthemen-Ausstellungen, Gedichte über Chrysanthemen und viele Chrysanthemen-Feste im Herbst. Und natürlich gibt es das Wappen der Kaiserfamilie, das seit dem 12. Jahrhundert eine stilisierte Chrysantheme zeigt. 'Chrysanthementhron' kann entweder den tatsächlichen Thron des japanischen Kaisers meinen oder als Synonym für den Kaiser oder die japanische Monarchie verwendet werden.

Im japanischen Kunsthandwerk sind Chrysanthemen ein beliebtes Motiv und dekorieren Dinge wie Porzellan, Lackarbeiten, Stoff oder Papier, die im Herbst Verwendung finden sollen, denn in Japan ist Chrysantheme = Herbst.

Zum Schluss noch ein lustiger britischer Zungenverknoter. Versuchen Sie einmal, das laut vorzulesen:

You may pass paths lined with hyacinths and chrysanthemums.

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14/08/2023

Die Kraniche des August

Vier Origami-Kraniche mit Hanafuda-Muster für den Monat August auf einem Tuff kräftig grünen Grases

Im August befinden sich die Kraniche offenbar im entspannten Urlaubsmodus und sind sehr sparsam ausstaffiert. Zwei zeigen einfach nur grüne Hügel mit japanischem Susuki-Gras (Miscanthus sinensis), das ein wenig an Pampasgras erinnert und deswegen manchmal auch so heißt. Pampasgras haben wir nicht im Garten; dafür sprießt und grünt das normale Gras wieder nach den ausdauernden Regenfällen der letzten Wochen. Auf dem dritten Kranich fliegen drei gelbe Gänse mit roten Köpfen über das Gras hinweg. Auf dem vierten Kranich schließlich scheint ein prächtiger Vollmond von einem roten Himmel.

So wie die Japaner sich im Frühling unter Bäumen versammeln, um die Kirschblüte zu betrachten, so versammeln sie sich auch an geeigneten Aussichtspunkten, um im Spätsommer den Erntemond anzusehen. Mitte September gibt es in Japan ein Fest namens Tsukimi (Mondschau) zu Ehren des Herbstmondes, mit Dekorationen aus eben diesem Susuki-Gras und kleinen runden weißen Reiskuchen, sozusagen Vollmonde zum Essen. In anderen typischen Mondschau-Gerichten übernimmt ein aufgeschlagenes Ei mit seinem runden Dotter die Rolle des Vollmondes.

Die Werkstattkatze und ich beginnen in der kommenden Woche auch unseren Sommerurlaub. In vierzehn Tagen gibt es dann eine Urlaubspostkarte von einem Ort, aus dem sicher die Wenigsten je eine Postkarte bekommen haben ...

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31/07/2023

Der Eckenabschneider

oder: Fremdsprachen lernen zahlt sich irgendwann aus!

In einem früheren Leben (so fühlt es sich zumindest an) habe ich einmal Spanisch gelernt. Im Gegensatz zum Englischen konnte ich es aber nie richtig flüssig sprechen und die Kenntnisse sind schnell eingerostet. Aber vor zwei Jahren habe ich im Internet den Blog reino artesanal entdeckt: Eine Fundgrube mit 50 Anleitungen für Buchbindearbeiten jenseits des Üblichen; von ganz einfachen Bindemöglichkeiten für Anfänger über Koptische Bindungen und CrissCross-Bindungen (alias Secret Belgian Binding) bis hin zu Benjamin Elbels Onion Skin Binding. Aber, wie man vielleicht schon am Namen hört: Der Blog ist auf Spanisch geschrieben.

Zu meiner freudigen Überraschung habe ich festgestellt, dass ich mit meinem rostigen Spanisch reino artesanal einigermaßen verstehen kann. Natürlich waren Buchbinder-Fachbegriffe nicht Teil meines Schul-Spanisch, aber hier hilft LEO. Und so habe ich unter vielen Schätzen auch eine Anleitung für dieses nützliche Hilfsmittel auf reino artesanal entdeckt: den Eckenabschneider.

Selbst gefertigtes Werkzeug aus Graupappe, das als Hilfsmittel zum richtigen Abschneiden von Ecken im Überzugsmaterial dient.

Beim fachgerechten Beziehen einer Pappe (zum Beispiel für eine Buchdecke) muss man das Bezugsmaterial (Papier, Einbandgewebe, o.Ä.) an jeder Ecke im richtigen Winkel und Abstand abschneiden, um die Ecke sauber ausarbeiten zu können. Das ist nicht so einfach und verlangt sehr viel Übung (so in der Größenordnung von mehreren hundert Ecken pro Arbeitstag), wenn man es frei Hand wirklich jedes Mal korrekt hinbekommen will. Wer nun kein Genie mit stets perfektem Augenmaß ist und sich nicht mit der einen oder anderen miesen Ecke zufriedengeben will, kann also ein Hilfsmittel gut gebrauchen.

Die Unterseite des Eckenabschneiders zeigt die Aussparung, die später auf die Pappe gesetzt wird, um die Ecke des Bezugsmaterials abschneiden zu können.
Die Unterseite des Eckenabschneiders zeigt die Aussparung für die Pappe.
Der Eckenabschneider in Arbeitsposition mit einem Extrastück Pappe von 1mm Dicke vor der Schneidekante, was den Abstand des Schnittes zur Ecke erhöht.
Der Abstand, in dem das Bezugsmaterial abgeschnitten wird, kann auch erhöht werden. Dazu stellt man ein Stück Pappe vor die Schneidekante. Hier erhöht eine 1 mm dicke Pappe den Abstand um 1 mm, um mehr Raum für das Umschlagen von steifem Material wie Efalin zu erhalten. Mehr Informationen zum Einsatz des Eckenabschneiders und eine genaue Arbeitsanleitung gibt es auf dem Blog reino artesanal.

Auch Weltklasse-Buchbinder mit Werken in Museen und Einbandkunstsammlungen von Staatsbibliotheken nutzen ein solches Werkzeug. Mark Cockram, Fellow der Britischen Designer Bookbinders, beschreibt in seinem Artikel in The New Bookbinder, Volume Thirty-Nine aus dem Jahr 2019, wie und warum er unter anderem seine eigene Version eines Eckenabschneiders entwickelt hat – und dass seine Ehefrau Midori Kunikata-Cockram, ebenfalls Fellow der Designer Bookbinders, sich die Vorgängerversion ausgeliehen hat und sie nun nicht wieder herausrücken will.

Aber was machen Leute, die kein Spanisch verstehen und sich trotzdem so ein Helferlein zulegen möchten? Sie kaufen sich eins aus 3D-gedrucktem Kunststoff bei Schmedt, oder sie nutzen den DeepL Translator, der die reino artesanal Anleitung meines Erachtens viel besser übersetzt als Google. Vor allem, wenn man ihm beibringt, dass plegadera in diesem Fall 'Falzbein' bedeutet.

Nachtrag: 'Eckenabschneider' ist eigentlich nicht die richtige Bezeichnung für dieses Werkzeug, weil es ja nicht von selbst die Ecken abschneidet. Richtiger wäre 'Schablone zum Abschneiden von Ecken', aber das ist ein bisschen unhandlich.

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17/07/2023

Im Maschinenpark

Vor etwa einem Jahr habe ich bemerkt, dass ich Schmerzen in der Hand entwickele, wenn ich lange zuschneiden muss, also beispielsweise über hundert Kreise oder ein Dutzend komplizierter Teile aus festem Karton. Als Kunsthandwerkerin kann man keine schmerzenden Hände brauchen, denn sie sind das wichtigste Werkzeug und wollen pfleglich behandelt werden. Daher habe ich überlegt, ob mir nicht etwas die anstrengenden und auch die monotonen Schneidearbeiten abnehmen könnte.

So ein Helferlein gibt es tatsächlich und vor kurzem habe ich meinen 'Maschinenpark' durch einen Schneideplotter ergänzt.

An meinem Arbeitsplatz stehen aufgereiht ein aufgeklappter Laptop, ein Silhouette Portrait 3 Schneideplotter und ein alter Tintenstrahldrucker.
Der Atelier Gry Maschinenpark in vollem Gange: Laptop, Schneideplotter und Drucker.

Nun bin ich ja sonst stolz auf meine Feinmotorik und was meine Hände können. Ich kann Kreise ausschneiden und mit Geduld und Ruhe (und einem Podcast auf den Ohren) mit dem Skalpell feinste Schneidarbeiten ausführen. Aber wie der Soziologe Richard Sennett in seinem Buch The Craftsman sagt (in deutscher Sprache 2008 als Handwerk erschienen), macht der Einsatz von Maschinen auch im Handwerk Sinn, wenn die Maschine den Menschen unterstützen kann. Unterstützen, nicht ersetzen.

In der Küche hilft ein Mixer beim Sahne schlagen, während ein Mensch kocht. Seit der Industriellen Revolution wird hingegen versucht, die menschliche Arbeit soweit wie möglich durch Maschinen zu ersetzen, denn Maschinen brauchen weder Pausen noch Urlaub, sie wollen keinen Lohn und sind auch nicht in Gewerkschaften organisiert (was natürlich selten jemand offen zugegeben hat). Und eine maschinelle Produktion hat ja auch viele Dinge für die meisten erst erschwinglich gemacht – allerdings zu dem Preis, dass diese Dinge langweilig einförmig aussehen und nicht mehr lange halten.

Richard Sennett schlägt nun vor, die schweren bis gesundheitsschädlichen Anteile der Arbeit den Maschinen zu überlassen, während Menschen sich auf das konzentrieren, was sie am besten können: beim Arbeiten sehen, fühlen, beurteilen, neu komponieren, überhaupt eine eigene Arbeitsweise haben, in Sekundenbruchteilen die Herangehensweise anpassen und auch komplett Neues erfinden. Vielleicht werden Maschinen das einmal dank KI können, aber im Moment weiß mein Schneideplotter nicht einmal, wo das Papier zu Ende ist und schneidet munter in die Matte, ohne etwas zu bemerken, wenn die Einstellungen nicht stimmen.

Silhouette Portrait 3 Schneideplotter bei der Arbeit. Werkzeughalter, Schneidematte und Papier sind aufgrund der hohen Geschwindigkeit verschwommen.
Sie ist schnell und wiederholt mit Kraft und Ausdauer auch feinste Bewegungen beliebig oft ohne jede Variation: Bei mir in der Werkstatt rattert und knirscht eine Silhouette Portrait 3.

Auf jeden Fall kann ich nun in Ruhe die Exponate für die diesjährige Winterausstellung in der Galerie Handwerk Koblenz vorbereiten, während meine maschinelle Assistentin gelochte Jugendstil-Preisschilder ausschneidet.

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03/07/2023

Die Kraniche des Juli

Vier Origami-Kraniche mit Hanafuda-Muster für den Monat Juli auf einer Wiese mit blühenden Kleinen Braunellen

Die Kraniche tragen im Monat Juli Japanischen Buschklee (Lespedeza). Das ist kein Klee, sondern ein Schmetterlingsblütler aus der Familie der Hülsenfrüchtler, der in Europa nicht vorkommt. Aber vermutlich ist die Kleine Braunelle (Blume des Jahres 2023), die so gut zu ihren indigofarbenen Köpfen und Schwänzen passt, für die Kraniche ein akzeptabler Ersatz.

Klicken Sie einmal auf das Foto und sehen Sie sich das Tier auf dem untersten Kranich genauer an. Das, was ein bißchen so aussieht wie ein Igel mit viel zu langen Beinen, ist ein Wildschwein. Ja, die gibt es auch in Japan! Dort sind sie gefürchtet als besonders draufgängerische, ungestüme Tiere. (Das können die Bewohner von Berlin, Barcelona oder Rom wahrscheinlich nachvollziehen.) Sie stehen aber auch für Reichtum. So hat man früher geglaubt, dass reich wird, wer ein Büschel Wildschweinborsten in seinem Geldbeutel trägt. Vielleicht war das aber auch sinnbildlich gemeint, denn vor etwas mehr als hundert Jahren hat es in Japan einen Geldschein gegeben, auf dem ein Wildschwein abgebildet war. Viele solcher 'Wildschweine' im Geldbeutel machten dann tatsächlich reich.

Zum Schluss noch ein praktischer Tipp. Wenn Sie schon einmal versucht haben, selbst einen Kranich zu falten (ein Anleitungsvideo gibt es hier), ist es Ihnen vielleicht passiert, dass beim letzten Schritt, wenn die Flügel auseinandergezogen werden und sich der Kranich-Rücken rundet, das Papier am Rücken aufreißen will. Keine Sorge, das liegt am Papier und nicht an Ihnen! Bei Chiyogami, Washi, anderen Japanpapieren, Lokta-Papier oder auch Büttenpapier passiert das nicht, denn diese Papiere bestehen aus langen Fasern, die viel mehr aushalten können als die kurzen Fasern in unserem normalen Standardpapier. Wenn Sie also mit Papier falten wollen, von dem Sie wissen, dass es schwächelt, kleben Sie auf die Rückseite der gefährdeten Stelle ein Stück Tesafilm. Am besten macht man das, nachdem man das Papier zweimal diagonal von Ecke zu Ecke gefaltet hat. In die Mitte, wo sich die Faltlinien kreuzen, kommt (nur auf die Rückseite!) ein Stückchen Tesa, das etwas länger als der Kranich-Rücken ist. Gefahr gebannt!

Leider kann man einem Papier nicht ansehen, wie es sich falten lässt. Beim Anfertigen eines Probestücks wird allerdings schnell klar, ob und wo es Probleme gibt. Deshalb raten erfahrene Falter dazu, kein Papier in großen Mengen zu kaufen, bevor nicht seine Falteigenschaften bekannt sind. Das gilt auch für speziell für Origami angebotenes Papier, und sogar für Importe aus Japan.

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19/06/2023

Für Sterngucker und Tagfalter

Als Handwerkerin hat man das Vergnügen, sehen (und vorzeigen) zu können, was man den Tag über gearbeitet hat. Was nun folgt, sind die Früchte mehrerer Wochen Arbeit. Aber warum macht man so etwas? Und ist das überhaupt Arbeit? Nun, das macht man aus dem gleichen Grund, aus dem Musiker Tonleitern üben und neue Stücke einstudieren. Es trainiert die Fingerfertigkeit und erweitert das künstlerische Repertoire. Kein Musiker zweifelt daran, dass das wertvolle Arbeit ist. Viele Menschen sind ja auch anschließend bereit, manchmal schockierend hohe Eintrittspreise zu bezahlen, um die Früchte dieser Arbeit anzusehen und anzuhören. Die Ergebnisse meiner Arbeit gibt es hier umsonst zu sehen, also sind sie wertlos, richtig?

Auf einem Rasenweg ausgelegte Origami-Sterne nach Anleitungen von Carmen Sprung. Der Umriss des Sternhaufens erinnert entfernt an einen Schöpflöffel.

Hier sehen Sie das Sternbild 'Schöpflöffel'. Es sind hauptsächlich modulare Sterne und einige 'Einblattsterne' der Origami-Künsterin Carmen Sprung. Modulare Modelle bestehen aus mehreren gleichen Einzelteilen, die nur durch Falten und ohne Kleben zusammengefügt werden – das ist die Kunst.

Foto des Buches von Carmen Sprung: Origami 21 Sterne

Diese Sterne stammen aus dem oben gezeigten Buch, das nicht im Buchhandel sondern direkt von der Autorin zu beziehen ist. Ich habe ein Papierexemplar, mittlerweile gibt es nur noch E-Books. Die Sterne dieser Künstlerin sind vergleichsweise unproblematisch zu falten, halten gut zusammen und bieten mehr als nur hübsche Dekorationen. Besonders interessant für alle Liebhaber der Geometrie!

Auf einem Rasenweg ausgelegte Origami-Sterne nach Anleitungen von Tomoko Fuse. Der Umriss des Sternhaufens erinnert entfernt an ein Flusspferd.

Hier sehen Sie das Sternbild 'Flusspferd' aus Sternen der Künstlerin Tomoko Fuse. Wer sich mit Origami beschäftigt, hat schon von Tomoko Fuse gehört (zumindest den Namen). Ihre Sterne sind teilweise sehr anspruchsvoll, und manchmal braucht es ein paar Anläufe, bis man begriffen hat, wie es geht. Besonders die Drehfaltungen haben es in sich!

Begonnen habe ich mit 'Zauberhafte Origami-Sterne' von 2014 aus dem frechverlag (gibt es in vielen Stadtbüchereien zum Ausleihen), dankenswerterweise eine direkte Übersetzung aus dem Japanischen. Ich habe ein paar Anleitungsbücher, die deutsche Übersetzungen der englischen Übersetzung eines japanischen Originals sind. Da sich bei jedem Übersetzungsdurchgang die Ungenauigkeiten und Missverständnisse potenzieren können, gibt es dann stellenweise vage oder unsinnige Anleitungen – und Leser, die entnervt aufgeben. Das ist bei den Zauberhaften Origami-Sternen nicht der Fall, nur die Faltdiagramme sind etwas klein. Deswegen habe ich mich gefreut, dass der Viereck-Verlag das Original in seinem Sortiment hatte (heute leider nicht vorrätig). Ich kann die japanischen Texte nicht lesen (was sicher schade ist), aber die Diagramme sind so deutlich, dass man keine erklärenden Texte benötigt.

Foto des Buches von Tomoko Fuse: Origami Stars and Snowflakes

So, und jetzt mache ich mich an eine neue Partie Origami-Sterne; die nächste Winterausstellung kommt bestimmt!

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09/06/2023

Tag des Heiligen Columban 2023

Frohes Schaffen allen Buchbindern und anderen Papierwerkern! Heute ist wieder der Tag des Heiligen Columban von Iona, Schutzpatron der Buchbinder. Falls Sie vergessen haben, wer das ist, können Sie es hier nachlesen.

Bevor es das Patronats-Festessen gibt (heuer ein Picknick auf der nicht mehr ganz so fotogenen Wilden Wiese), schauen wir noch schnell in die Werkstatt vom Buchbinderlein.

Buchbinderwerkstatt in Puppenstubengröße mit zwei Werkbänken voller Material und Werkzeuge. Hinter der größeren Werkbank eine Holz-Gliederpuppe mit schwarzer Schürze, hinter der kleineren eine Emily-Erdbeer-Puppe aus den 1980er Jahren. Davor sitzt Emily Erdbeers rosa-weiß-getupfte Katze.

An diesem sonnigen und warmen Tag stehen das Buchbinderlein und seine neue Auszubildende Emily noch in der Werkstatt. Es sieht so aus, als erkläre das Buchbinderlein gerade die Herstellung einer einfachen Buchdecke für einen einlagigen Deckenband. Emily hat schon Pappen, Gewebe und Bezugspapier zugeschnitten und passt nun auf, was der Meister damit macht. Ganz rechts auf der Ablage entdeckt das geübte Auge, dass in der kommenden Arbeitswoche der mehrlagige Deckenband an die Reihe kommt. Und offensichtlich gibt es auch hier eine Werkstattkatze!

Wenn die Buchdecke fertig ist und trocknet, machen sie wohl Feierabend für heute, stellen ihr Zunftzeichen auf und widmen sich ihrem Festessen. Ich hörte, es gibt einen Erdbeerkuchen.

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05/06/2023

Die Kraniche des Juni

Es ist Sommer bei uns auf dem Land! Aber leider – ist es nicht typisch deutsch, sich über alles zu beklagen? – ist es schon wieder des Guten zuviel. Eigentlich könnte es mal wieder tüchtig regnen, denn die Regentonnen sind leer und das Gras wird braun...

Pfingsten ist vorbei, aber unsere Pfingstrosen (gut gegossen) stehen noch in voller Blüte und die Kraniche des Juni können sich zum ersten Mal auf genau der Pflanze niederlassen, die auf ihnen abgebildet ist.

Vier Origami-Kraniche mit Hanafuda-Muster für den Monat Juni auf einer dunkelrot blühenden Bauern-Pfingstrose

Pfingstrosen gehören zu den ältesten Gartenpflanzen. Aus dem europäischen Mittelalter sind Gemälde erhalten, auf denen gut erkennbar Pfingstrosen abgebildet sind, wie etwa im 'Paradiesgärtlein' von 1410/20, das im Frankfurter Städelmuseum hängt. In China wurde die Pfingstrose noch länger als Gartenpflanze kultiviert und weitergezüchtet; sie war sogar einmal die nationale Blume. Pfingstrosen symbolisieren dort Reichtum und Vornehmheit, was man bei den großen schweren Blütenköpfen, die immer eine Stütze brauchen, gut nachvollziehen kann.

Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat Juni: Pfingstrose
Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat Juni: Pfingstrose

Diese zwei Kraniche tragen die vornehme Pfingstrose, einmal voll aufgeblüht und ein weiteres Mal als Knospe.

Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat Juni: Pfingstrose mit blauem Papierstreifen

Der Papierstreifen, der diesmal die Farbe Blau hat, hebt sich gut vom prächtigen Rot der Pfingstrose ab.

Origami-Kranich mit Hanafuda-Muster für den Monat Juni: Pfingstrose mit Schmetterlingen

Ich habe noch keine Schmetterlinge auf den Pfingstrosen gesehen (dafür umso mehr Ameisen), aber natürlich gehören auch sie zum Sommer. In Japan sieht man die flatterhaften Schmetterlinge als Symbol für die menschliche Seele an (laut Diderots Enzyklopädie in Europa übrigens auch). Aber anders als hier ist man in Japan misstrauisch, wenn ganze Schwärme von Schmetterlingen auftreten, denn das soll ein böses Vorzeichen sein. Ich würde mich über mehr Schmetterlinge im Garten freuen, also lassen wir eine wilde Ecke von Brennnesseln überwuchern und hoffen das Beste.

Auch wenn es so aussehen mag, dies ist nicht zu einem Garten- und Japan-Blog mutiert! Ich bin immer noch Buchbinderin, die sich dieses Jahr allerdings hauptsächlich mit Origami beschäftigt. Und weil am kommenden Freitag der Tag des Heiligen Columban ist, muss ich mal nachsehen, was das Buchbinderlein so macht. Ich glaube, in seiner Werkstatt gibt es neuerdings eine Auszubildende!

Schwarz-weiße Katze hinter der Fensterscheibe vor blühenden Pfingstrosen

Derweil genießt die Werkstattkatze von ihrem Platz am Fenster unter der Werkbank den Ausblick auf Pfingstrosen, Seerosen und viele summende Insekten.

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