19/09/2022

Upcycling-Notizbücher

Fünf handgebundene Notizbücher stehen in einer Reihe auf einer glänzenden Glasplatte vor grünen Pflanzen. Die Vorderseiten sind dekoriert mit aufwendig bedruckten Teilen von Tee- und Eau de Cologne-Schachteln.

Ich trinke sehr gern Tee, und da fallen im Laufe eines Jahres schon einige leere Teeschachteln an. Viele davon sind so schön bedruckt, dass ich sie nicht einfach ins Altpapier werfen kann. Ein Projekt in Marlis Maehrles Buch 'Unikat' hat mich auf die Idee gebracht, diese Schachteln als dekorative Elemente beim Buchbinden zu verwenden. Die Bindetechnik ist allerdings nicht von Frau Maehrle, sondern folgt zwei Methoden aus Keith A. Smith's 'Non-Adhesive Binding, Volume I: Books Without Paste or Glue'. Das Arbeiten ohne Kleber ist mir generell sympathisch, denn Kleben kann man nicht rückgängig machen und so ein ansonsten fast fertiges Werk gründlich und unrettbar verderben. Aber bei den Einbänden habe ich meine eigenen Ideen umgesetzt und da doch mit Leim gearbeitet.

Zwei Notizbücher in Koptischer Bindung. Eines steht mit dem Vorderschnitt, das andere mit dem Rücken zum Betrachter, um die Dekorationen der Deckelvorderseite und -innenseite zu zeigen. Diese stammen von zwei Teeschachteln der Marke Pukka.

Als erstes zwei Notizbücher in Koptischer Bindung mit Seiten aus farbigem, handgerissenem Tonzeichenpapier. Wie Sie sehen, habe ich wirklich jedes dekorative Element der Teeschachtel verwendet, so dass die Einbände auch auf den Innenseiten geschmückt sind und eine Zetteltasche haben. Für die Heftung habe ich bei allen Notizbüchern Sticktwist oder Perlgarn aus Baumwolle genommen.

Ein Notizbuch in Koptischer Bindung steht mit dem Rücken zum Betrachter, um die Dekorationen der Deckelvorderseiten zu zeigen. Diese stammen von einer Eau de Cologne-Verpackung.

Hier noch ein Notizbuch in Koptischer Bindung, diesmal dekoriert mit Elementen einer Schachtel 4711 Remix Cologne Orange und Seiten aus farbigem Druckerpapier in zwei Orangetönen.

Zwei Notizbücher in Langstich-Bindung stehen mit dem Rücken zum Betrachter, um die Dekorationen der Deckelvorderseiten zu zeigen. Diese stammen von zwei Teeschachteln der Marke Pukka. Ein Notizbuch ist in Grüntönen gehalten, das andere in Braun und Pink.
Aufgeschlagenes braunes Notizbuch. Links die Innenseite des Vorderdeckels mit dekorativem Paneel in Braun und Fuchsia, rechts die erste Seite mit Druck: 'Abwarten und Tee trinken'.
Aufgeschlagenes braunes Notizbuch. Links die letzte Seite in Altrosa, rechts die Innenseite des Rückendeckels mit Zetteltasche und Dekoration in Braun und Fuchsia.
Aufgeschlagenes grünes Notizbuch. Links die Innenseite des Vorderdeckels mit dekorativem Paneel in bunten Farben, rechts die erste Seite mit Druck: 'Abwarten und Tee trinken'.
Aufgeschlagenes grünes Notizbuch. Links die letzte Seite in Chamois, rechts die Innenseite des Rückendeckels mit Zetteltasche und Dekoration in Cyan und Fuchsia.

Auch bei den zwei Notizbüchern in Langstich-Bindung kam jedes dekorative Element der Teeschachtel zum Einsatz. So gibt es auch hier innen und außen Dekorationen und eine Zetteltasche. Die Seiten sind aus farbigem Druckerpapier in zwei Tönen und der Einband aus doppelt gelegtem, mit Tonpapier gefüttertem Buchgewebe. Das Tonpapier wird an Kopf und Fuß als farbige Kante sichtbar.

Fünf Notizbücher übereinandergestapelt mit dem Rücken zum Betrachter. Von oben nach unten: zwei Koptische Bindungen, zwei Langstich-Bindungen und noch eine Koptische Bindung.

Hier einmal alle Notizbücher in der Rückenansicht. Die Koptische Bindung stammt aus dem 4. Jahrhundert und wirkt dementsprechend urig mit ihren steifen Deckeln, dem offenen Rücken und den dekorativen 'Zöpfen' der Bindung. Die Langstich-Bindung stammt aus dem Mittelalter, aber ich verwende hier eine von Keith A. Smith entwickelte Variante. Sie ist visuell ruhiger aber haptisch interessant mit den glatten Spannfäden am Buchrücken und dem Eindruck eines stabilen Taschenbuchs. Bei beiden Bindungsarten können die Seiten ganz flach aufgeschlagen werden, weil sie nicht am Rücken miteinander verklebt sind wie bei modernen Bindungen. "Sitzt, passt, wackelt und hat Luft": Das ist hier kein Mangel sondern ein Charakteristikum dieser frühen Bindungsarten.

Diese Fünf gehören zu meinen diesjährigen Exponaten für die Winterausstellung in der Galerie Handwerk Koblenz vom 17. November bis 22.Dezember.

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06/09/2022

Klimastreik und Gandhi

Banner der Entrepreneurs For Future zum Klimastreik am 23. September 2022

Die Entrepreneurs For Future rufen gemeinsam mit Fridays for Future und anderen zum nächsten globalen Klimastreik am 23. September 2022 auf. Denn "die explodierenden Energiepreise und das ungebremste Fortschreiten der Klimakrise sind auch das Ergebnis unserer Abhängigkeit von fossiler Energie. Trotzdem schiebt die Politik dringend notwendige Weichenstellungen für eine echte Energiewende immer weiter auf. Fridays for Future machen deshalb weiterhin hartnäckig Druck auf der Straße. Denn die globalen Krisen dürfen nicht zur Verzögerung bereits gesteckter Ziele dienen, sondern müssen als Beschleuniger für die dringend notwendige Transformation genutzt werden!" (Zitiert nach https://www.unternehmenfuersklima.de)

Würde Mahatma Gandhi, wenn er denn noch leben würde, beim Klimastreik mitmachen und auf die Straße gehen? Ich denke schon. Aber reicht das? Denn da gibt es ein Zitat von ihm, gern verkürzt zu "be the change you want to see in the world", und das geht so: "We but mirror the world. All the tendencies present in the outer world are to be found in the world of our body. If we could change ourselves, the tendencies in the world would also change. As a man changes his own nature, so does the attitude of the world change towards him. This is the divine mystery supreme. A wonderful thing it is and the source of our happiness. We need not wait to see what others do."*

Soweit ich das verstehe, heißt das unter anderem, wir müssen den unbequemen Schritt wagen und uns an die eigene Nase fassen. Tun wir selbst genug? Denn die Welt ist, wie sie ist, weil wir so sind, wie wir sind.

 

*Gandhi-Zitat aus: 1964, The Collected Works of Mahatma Gandhi, Volume XII, April 1913 to December 1914, Chapter: General Knowledge About Health XXXII: Accidents Snake-Bite, (From Gujarati, Indian Opinion, 9-8-1913), Start Page 156, Quote Page 158, The Publications Division, Ministry of Information and Broadcasting, Government of India. (Collected Works of Mahatma Gandhi at gandhiheritageportal.org)

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05/09/2022

Die Werkstattkatze

 

Was macht eigentlich die Werkstattkatze, während ich arbeite? Man könnte meinen, sie schläft die meiste Zeit, aber das stimmt nicht. Eine Katze ist immer wachsam. Hier ein Beweisfoto:

Eine schwarz-weiße Katze hat sich zum Schlafen eingerollt, aber ein Auge ist wachsam geöffnet.

Ab und an muss sich eine Werkstattkatze auch weiterbilden. Man ist ja keine gewöhnliche Hauskatze, die nur Mäuse fängt. (Das tut sie allerdings auch, inklusive Spitzmäuse und Gartenschläfer!) Hier liest sie gerade nach, wie bei einer handgearbeiteten Buchdecke der gebrochene Rücken aussehen muss. Hat das ihr Mensch auch richtig gemacht?

Eine schwarz-weiße Katze liegt auf der Werkbank und schaut auf ein Buchbinder-Fachbuch, als würde sie lesen.

Hier überprüft sie die Qualität des neu gekauften Tonzeichenpapiers, bevor es in seine Mappe einsortiert wird. Als Werkstattkatze darf man auch auf den Materialien sitzen!

Eine schwarz-weiße Katze sitzt auf mehreren Blättern Tonzeichenpapier, die auf einem Teppich liegen.

Und selbstverständlich darf man sich anschließend zu einem Nickerchen auf den Werkstattstuhl legen. Ihr Mensch kann ja in der Zwischenzeit im Stehen arbeiten.

Eine schwarz-weiße Katze liegt auf einem Drehstuhl und schläft.

Und während ich dies hier schreibe, meditiert die Werkstattkatze darüber, was wir wohl zum nächsten Wettbewerb um den Staatspreis für das Kunsthandwerk einreichen könnten. So sieht es zumindest aus. ;-)

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