12/07/2021

BOX YOUR BOOK: Mein Wettbewerbsbeitrag

 

So, die Jury hat entschieden und nun kann ich endlich meinen Beitrag für den internationalen Wettbewerb 'Box your Book' der niederländischen Stichting Handboekbinden vorstellen! Hier sehen Sie Finis Africae, eine Box für 'Der Name der Rose' von Umberto Eco:

Buchschachtel mit gezeichneten Innenansichten einer fiktiven mittelalterlichen Bibliothek
Zum Vergrößern bitte das Bild anklicken.

Im Buch geht es um ein Kloster in Norditalien im Jahr 1327, das eine große, labyrinthisch angelegte Bibliothek besitzt, die niemand außer dem Bibliothekar betreten darf. Als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme gibt es für die am stärksten bewachten Bücher einen Geheimraum, nach dem angeblichen Ende der Welt Finis Africae genannt. Durch einen Wandspiegel in der Bibliothek kann man diesen betreten, aber die Protagonisten müssen erst eine Geheimschrift entziffern und ein Rätsel lösen, um herauszufinden, wie man den Spiegel öffnet.

Meine Idee war nun, eine Box zu konstruieren, die dieses Finis Africae darstellt. Die Außenseiten der Box zeigen den Spiegel mit seiner Inschrift und die Umgebung des Spiegels in der Bibliothek, so als würde man mit dem Rücken zum Spiegel stehen und sich umsehen. Die Innenseite der Box zeigt, was man sehen würde, wenn man den Geheimraum betritt (und ein Licht mitbringt). Es war mir wichtig, dass auch bei meinem Finis Africae nicht sofort ersichtlich ist, wie man es öffnet. Der im Buch beschriebene Öffnungsmechanismus funktioniert leider nur in massivem Mauerwerk, aber auch bei mir gibt es eine Geheimschrift mit Lösung als Hilfestellung. Wenn Sie sich noch gut an 'Der Name der Rose' erinnern, werden Ihnen viele Details bekannt vorkommen, beispielsweise die aufgeschlagenen Bücher auf dem Tisch, die Werke arabischer Autoren im Spiegelraum, das Mobiliar und die zweite Geheimtür mit ihrem Mechanismus im Inneren des Finis Africae. Die Werkstattkatze hat auch einen Ausflug ins Mittelalter gemacht und sucht nach Bibliotheksmäusen. Zum Glück hat sie reichlich weiße Haare in ihrem schwarzen Fell, so dass niemand auf dumme Gedanken kommt.

Verschiedene Aufnahmen, die die Herstellung der Box 'Finis Africae' zeigen
Zum Vergrößern bitte das Bild anklicken.

Hier sehen Sie ein paar Werkfotos von der Herstellung. Zum Einsatz kamen neben Buchbinderpappe und Einbandgewebe noch Spiegelkarton und kolorierte Bleistiftzeichnungen, ergänzt mit Inkjet-Ausdrucken digitalisierter mittelalterlicher Manuskriptseiten. Weitere verwendete Materialien sind Magnete, handgeschöpftes Papier, Japanpapier für die Scharniere, Acetatfolie und Scherenschnittpapier, um totale Schwärze zu vermitteln. Ich habe Bücher in verschiedenen historischen Stilen gezeichnet, die meinen Recherchen nach eine hervorragend ausgestattete Bibliothek des frühen 14. Jahrhunderts gehabt hätte. Sie stehen nicht im Regal, sondern liegen, so wie es meines Wissens nach zu dieser Zeit üblich war. Ich habe Alkoholmarker zum Kolorieren verwendet, die aber so gewählt wurden, dass sie den in mittelalterlichen Buchmalereien verwendeten Farben sehr ähnlich sind.

Wie hat sich mein Finis Africae nun beim Wettbewerb gemacht? Die Box wurde in den Katalog aufgenommen, der im Herbst erscheinen wird, ist aber nicht unter den Werken, die für eine anschließende Ausstellung ausgewählt wurden. Da nur etwa jeder dritten Box im Wettbewerb diese besondere Ehre zuteil wurde, ist das für eine erste Wettbewerbsteilnahme gar kein schlechtes Ergebnis.

Dies ist mein letzter Blogbeitrag vor der diesjährigen Sommerpause. Ich und die Werkstattkatze wünschen Ihnen allen einen schönen Sommer und schöne Ferien! Hier im Blog geht es am 23. August weiter.

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ateliergry@gmail.com
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