15/11/2021

König Melchior über Geschenke (Teil 1)

 

Im letzten Jahr konnten Sie in der Vorweihnachtszeit meine Geschenketipps lesen, in denen es um das 'Ob überhaupt?' und 'Wenn ja, was?' ging. Damit Sie nicht immer nur meine Ansichten serviert bekommen, hat sich in diesem Jahr König Melchior freundlicherweise bereit erklärt, etwas über Geschenke zu sagen. Er ist seit 2021 Jahren als Gabenbringer unterwegs und daher fraglos qualifiziert, über dieses Thema zu sprechen.

KWO-Räucherfigur 'König Melchior' (aus dem Orient, bringt Gold zur Krippe)

Lieber König Melchior, stellen Sie sich bitte kurz vor.

"Seien Sie mir gegrüßt, werte Leserinnen und Leser dieses Blogs! Mein Name ist Melchior, das ist hebräisch und bedeutet 'König des Lichtes'. Ich bin einer der Heiligen Drei Könige beziehungsweise der drei Magier, Sterndeuter oder Weisen aus dem Morgenland – Caspar, Balthasar und ich bestehen nicht auf einen bestimmten Titel.
Aber ich bin auch eine Räucherfigur aus Olbernhau im Erzgebirge, wie Sie vielleicht sehen können. Ich bin somit echtes erzgebirgisches Kunsthandwerk und zu Recht stolz darauf!"

Das können Sie auch sein!
Die Heiligen Drei Könige sind ja als Gabenbringer bekannt. Warum haben Sie damals Gaben zur Krippe gebracht und warum gerade diese?

"Es gehört zu den guten Sitten eines Besuchs unter Königen, auch wenn wir diesen König schließlich nicht in einem Palast gefunden haben. Man bringt etwas zum Geschenk, am besten einen der Reichtümer, für den das eigene Land berühmt ist. Nun ist mein Land nicht berühmt für seine Windeln oder Rasseln, auch wenn manche sagen, dass das passendere Gaben gewesen wären. Als ich damals ein Geschenk für den neugeborenen König der Juden suchte, habe ich mich für Gold entschieden, und natürlich habe ich das schönste Gold aus meiner Schatzkammer ausgewählt. Ebenso haben Caspar und Balthasar Weihrauch und Myrrhe aus ihren eigenen Ländern mitgebracht."

Sie sagen, Sie hätten Gold aus Ihrer Schatzkammer gewählt – Sie haben also etwas als Geschenk ausgesucht, das Ihnen gehört hat?

"Oh ja, als König hat man viele schöne Dinge, die sich prächtig als Gaben eignen. Außerdem denke ich, dass ein von mir gemachtes Geschenk vorher auch mir gehört haben muss. Hätte ich das Gold auf dem Basar kaufen lassen, wäre das beliebig – es wäre irgendein Gold, das jeder an meiner Stelle hätte kaufen lassen können. Insofern finde ich es seltsam, dass die Menschen heute, die ja in Imitation von uns Königen Weihnachtsgeschenke überreichen, in einen Laden gehen und dort etwas kaufen, was es tausendfach gibt. Das hat nichts mit der Person des Schenkers zu tun, außer, dass er es bezahlt hat."

Wenn ich aber jemandem zum Beispiel eine schöne Räucherfigur aus dem Erzgebirge schenken möchte, und weder habe ich eine, noch kann ich eine herstellen, dann muss ich sie doch kaufen?

"Nun, da magst Du Recht haben. Geschickte Handwerker beauftragen und ihre Waren kaufen lassen liegt mir von Haus aus sehr am Herzen. Aber ich hoffe doch, dass auch Du eine Räucherfigur kaufen würdest, die tatsächlich im Erzgebirge hergestellt wurde! Meine erzgebirgischen Kunsthandwerker haben mit billigen Nachahmungen in miserabler Qualität zu kämpfen, welche ihrem guten Ruf schaden. Der Preis ist übrigens meistens ein zuverlässiges Zeichen für Qualität. Auch Fachwissen, aber da können ambitionierte Amateure manchmal durchaus mithalten. Doch gute Arbeit muss nicht nur gewürdigt, sondern auch angemessen bezahlt werden."

Vielleicht haben die Käufer von Nachahmungen nicht so viel Geld?

"In einem der reichsten Länder dieser Erde? Aber möglicherweise haben sie ihr Geld schon für etwas anderes ausgegeben. Die Hirten damals an der Krippe waren arm, aber sie haben sich nicht mit billigen Geschenken erniedrigt. Stattdessen haben sie ein Lamm gebracht, einen guten Käse oder ein Brot, manche brachten auch ihre Instrumente mit und haben Musik gemacht – eine der schönsten Gaben überhaupt. Und ich erinnere mich an einen kleinen Hirtenjungen, der wirklich gar nichts hatte. Der hat Stroh von seinem Nachtlager zu einem Stern gebunden und dem Kind in der Krippe geschenkt. Maria und Josef haben den Stern im Stall aufgehängt, und das Stroh hat im Schein der Laterne festlich geleuchtet.* Solche Strohsterne kennt ihr ja noch immer. Damals habe ich mir gedacht: Melchior, Dein Gold ist ja schön und gut, aber die Gaben der einfachen Leute kommen genauso von Herzen und sind auf andere Art kostbar."

Weiter geht es mit Teil 2 am 29. November.

*Die Legende vom Stohstern findet sich so oder so ähnlich in vielen Büchern und im Internet.

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