27/01/2025

Nach Weihnachten ist vor Weihnachten, Teil 2

In meinem letzten Blogbeitrag habe ich Ihnen meine Eis- und Schneesterne vorgestellt. Hier sind sie noch einmal. Sie können die Fotos übrigens (wie alle Fotos in diesem Blog) durch Anklicken vergrößern und bei Bedarf genauer betrachten.

Scherenschnitt-Schneestern aus kupferfarbener Alu-Bastelfolie vor tiefschwarzem Hintergrund mit Kiefernzweig zur Dekoration
Stern A
Scherenschnitt-Schneestern aus kupferfarbener Alu-Bastelfolie vor tiefschwarzem Hintergrund mit Kiefernzweig zur Dekoration
Stern B
Scherenschnitt-Schneestern aus kupferfarbener Alu-Bastelfolie vor tiefschwarzem Hintergrund mit Kiefernzweig zur Dekoration
Stern C
Scherenschnitt-Schneestern aus kupferfarbener Alu-Bastelfolie vor tiefschwarzem Hintergrund mit Kiefernzweig zur Dekoration
Stern D
Scherenschnitt-Schneestern aus kupferfarbener Alu-Bastelfolie vor tiefschwarzem Hintergrund mit Kiefernzweig zur Dekoration
Stern E

Es sind klassische Scherenschnitt-Sterne mit vier bis acht Spitzen, wie man sie häufig sieht. Die echten Eis- und Schneekristalle haben allerdings sechs Spitzen, denn gefrierendes Wasser bildet immer sechseckige Formen. Man kann natürlich auch Scherenschnitt-Sterne mit sechs bis zwölf Spitzen machen. Das erfordert jedoch etwas Mehraufwand und den Einsatz eines Geodreiecks.

Man nimmt dafür wieder ein Quadrat aus Papier, Bastelfolie oder Ähnlichem. Diesmal sollte es möglichst groß sein, denn das Papierpäckchen, in das man die Muster schneidet, wird dick. 21 x 21 cm ist eine gute Größe für den Anfang. Dieses Quadrat faltet man einmal diagonal zu einem Dreieck. Das Dreieck noch einmal in der Mitte zusammenfalten; das ergibt wieder ein Dreieck. Dessen obere Spitze ist ein rechter Winkel (90 Grad), der in drei gleiche Teile geteilt werden muss. Man markiert also mit Geodreieck und Falzbein (oder Prägenadel, Häkelnadel, stumpfes Messer, leerer Kugelschreiber) eine Faltlinie bei 30 Grad und eine zweite bei 60 Grad. An der ersten Faltlinie das Papier nach hinten falten und an der zweiten Faltlinie nach vorn, so dass man eine Zickzackfaltung erhält. Jetzt stehen vorn und hinten zwei Spitzen über, die man bündig mit dem mittleren Drittel abschneidet. Das ist das Papierpäckchen, in das Sie Ihre Muster schneiden können. Dazu werden Sie eine kräftige Schere brauchen; feine Scheren kommen da an ihr Limit.

Wenn Sie mir bis hierhin folgen konnten, können Sie sicher nachvollziehen, warum man Scherenschnittsterne mit sechs Spitzen eher nicht in Kindergärten und Grundschulen sieht. Haben Sie nur Bahnhof verstanden, so gibt es bei Sibylle Hitz eine bebilderte Anleitung. Und wo Sie schon einmal dort sind, sehen Sie sich die wunderbar filigranen Sterne an, die Frau Hitz an ihr Fenster geklebt hat. Alle mit sechs oder zwölf Spitzen, also aus einem doch sehr steifen zwölflagigen Papierpäckchen geschnitten - Respekt und Hut ab!

Weißer Scherenschnitt-Schneestern auf einer hellgrauen Schneidematte

Hier ist mein Versuch, eine 'anatomisch korrekte' Version von Stern A mit sechs Spitzen zu machen. Meine Schere war nicht die richtige für diese Arbeit und die Papierlagen sind verrutscht ...

Wenn Sie es besser machen wollen, finden Sie hier die Mustervorlagen für meine Sterne A bis E, sowohl für die klassische Version (obere Reihe), als auch für 'echte' Eiskristalle mit sechs Spitzen (untere Reihe). Dafür habe ich die ursprünglichen Muster in Photoshop Elements von 45 Grad auf 30 Grad zusammengeschoben. Ich sagte ja, Eis- und Schneesterne sind angewandte Geometrie! Im Experten-Modus funktioniert das mit dem Befehl Bild --> Transformieren --> Frei transformieren. Zuvor kann man sich mit dem Linienzeichner eine Hilfslinie im passenden Winkel ziehen.

Da ich meine Scherenschnitt-Sterne nun damit schon digitalisiert habe, könnte ich als Nächstes versuchen, sie vom Schneideplotter ausschneiden zu lassen. Aber das ist eine andere Geschichte, die ein andermal erzählt werden soll, am besten in der Vorweihnachtszeit.

P.S.: Sie fragen sich, ob ich denn überhaupt noch 'richtige' Buchbindearbeiten herstelle? Natürlich, denn - Psst! - nach dem Staatspreis ist vor dem Staatspreis!

Ich freue mich über Kommentare an ateliergry@gmail.com.

13/01/2025

Nach Weihnachten ist vor Weihnachten

Willkommen zurück und ein gutes neues Jahr!

Als Kunsthandwerker*in mit saisonaler Ware hat man die Wahl, entweder gegen die Jahreszeit zu arbeiten oder mit ihr. Ersteres bedeutet, im Sommer an der Weihnachtsware zu sitzen und im Herbst an der Osterware, falls man so etwas hat. Im Sommer bei bestem Licht und Hitzewelle die Engel jauchzen und frohlocken zu lassen ist schon merkwürdig. (Obwohl Engel sicher zu jeder Jahreszeit jauchzen und frohlocken, wenn es einen Anlass gibt.) Ich persönlich möchte das beste Licht und die langen Tage lieber für die komplizierten Arbeiten und Wettbewerbsexponate nutzen, also arbeite ich mit der Jahreszeit und produziere meine weihnachtlichen Werke im Winter, ein Jahr im Voraus. Man könnte natürlich auch zeitig im Herbst anfangen wie die Supermärkte mit ihren Lebkuchen Ende August, aber da werde ich nie rechtzeitig fertig und dann wird es stressig.

Bei mir gilt deshalb 'Nach Weihnachten ist vor Weihnachten', was auch den angenehmen Effekt hat, dass man im kalten und dunklen Januar nicht in ein ebenso geartetes Loch fällt, das man dann mit dem Buchen des Sommerurlaubs und Kaufen von absolut nicht nachhaltigen Treibhaustulpen füllen muss.

Es sind also gerade Engel und Sterne angesagt. Die Engel haben Sie bestimmt schon gesehen, die Sterne kennen Sie auch, aber was ist mit dem jahreszeittypischen Phänomen der

Eis- und Schneesterne

Sie sind im Winter allerorten, und kein Kreativblog kommt ohne sie aus, wie mir scheint. Ich meine diese Scherenschnitt-Eisblumen aus Papier, die man im Kindergarten oder in der Grundschule lernt und die dann ab der Adventszeit an allen Fenstern kleben, hinter denen Menschen wohnen, deren Hände noch etwas anderes können als tippen, wischen und scollen. Ein total alter Hut also, aber mit Potenzial. Denn bei den Scherenschnitt-Sternen können sich alle schöpferisch austoben und machen, was sie wollen, es sieht immer eindrucksvoll aus. Man kann ganz große Sterne machen oder ganz kleine, so grob oder so filigran, wie man will (oder das Papier aushält), man kann sie aus allem herstellen, das sich falten und schneiden lässt und braucht nur eine Schere dazu. Die Sterne können aussehen wie echte Eiskristalle, barocke Rosetten, Spitzendeckchen, Blüten, Spinnweben ... und außerdem sind sie angewandte Geometrie!

Fünf Scherenschnitt-Sterne aus kupferfarbener Alu-Bastelfolie mit Sternchenprägung auf schwarzem Grund, mit Kiefernzweigen garniert.

Hier sehen Sie meine Eis- und Schneesterne, die ich für den privaten Gebrauch und schon vor ein paar Jahren aus kupferfarbener Alufolie gemacht habe. Falls Sie vergessen haben, wie das geht:

Illustrationen der drei Faltschritte, wie im folgenden Abschnitt beschrieben.

Man nehme ein quadratisches Stück Papier (oder Alu-Bastelfolie), meins ist 10x10 cm groß. Dieses faltet man einmal in der Mitte, so dass man ein Rechteck erhält (1), dann nochmal in der Mitte falten, so dass man wieder ein Quadrat hat (2). Dieses Quadrat faltet man diagonal in der Mitte und erhält ein Dreieck (3). Wer Wert auf ein besonders gleichmäßiges Muster legt, faltet die obere Papierschicht nach vorn und die untere nach hinten um. Das Dreieck hat dann eine Zickzackfaltung, was (leicht aufgefaltet) so aussieht:

Leicht aufgefaltetes Dreieck, um die Zickzackfaltung zu zeigen.

[Das empfiehlt sich vor allem bei sehr filigranen Sternen und dickerem Material. Denn wenn man bei Schritt 3 das ganze Quadrat klassisch einmal in der Mitte faltet und dann ein Muster hineinschneidet, werden die Einschnitte in der außen liegenden Papierschicht deutlich größer als in den innen liegenden Papierschichten, was das Muster unregelmäßig macht. Wobei man das auch als gewolltes Stilmittel einsetzen könnte.]

Ist das Papier zu einem Dreieck gefaltet, kann man mit Vorzeichnung oder ohne ein Muster hineinschneiden. Wichtig ist nur, dass an den Kanten 1 und 2 (siehe folgendes Bild) Material stehen bleibt, das den Stern zusammenhält. Deshalb ist es nicht verkehrt, vor dem Schneiden noch einmal nachzusehen, wo die offene Kante und wo die Mitte des Papiers ist. Jetzt können Sie schon loslegen und eigene Sterne gestalten.

Aufgefalteter Scherenschnitt-Stern mit eingezeichnetem roten Dreieck, dass das sich wiederholende Muster markiert.

Hier ist einer von meinen Sternen mit rot eingezeichnetem Rapport (= das sich wiederholende Muster). Sollten Sie diesen Stern nacharbeiten wollen, falten Sie ihr Papier nach Anleitung zu einem Dreieck und richten Sie es so aus wie das rote Dreieck auf dem Foto (die Mitte des Papiers zeigt nach unten, die rechtwinklige Spitze des Dreiecks zeigt nach rechts). Dann schneiden Sie alles weg, was innerhalb des rot eingezeichneten Dreiecks schwarz ist.

Ob Eigenkreation oder nach Vorlage, wenn Sie alles weggeschnitten haben, was nicht zum Muster gehört, falten Sie den Stern auf, genießen den 'Ohhh'-Moment und glätten die Falten. Alufolie kann man mit dem Falzbein oder Fingernagel glattpolieren und Papier kann man über Nacht unter einem schweren Gewicht (z.B. Bücher) plattdrücken.

Meine Sterne sind übrigens Eis- und Schneesterne mit künstlerischer Freiheit, denn echte Eis- und Schneekristalle haben immer sechs Spitzen und nicht vier oder acht, wie diese hier. Aber das gehört zu einer anderen Geschichte, die in 14 Tagen erzählt werden soll.

Ich freue mich über Kommentare an ateliergry@gmail.com.