Ich trinke sehr gern Tee, und da fallen im Laufe eines Jahres schon einige leere Teeschachteln an. Viele davon sind so schön bedruckt, dass ich sie nicht einfach ins Altpapier werfen kann. Ein Projekt in Marlis Maehrles Buch 'Unikat' hat mich auf die Idee gebracht, diese Schachteln als dekorative Elemente beim Buchbinden zu verwenden. Die Bindetechnik ist allerdings nicht von Frau Maehrle, sondern folgt zwei Methoden aus Keith A. Smith's 'Non-Adhesive Binding, Volume I: Books Without Paste or Glue'. Das Arbeiten ohne Kleber ist mir generell sympathisch, denn Kleben kann man nicht rückgängig machen und so ein ansonsten fast fertiges Werk gründlich und unrettbar verderben. Aber bei den Einbänden habe ich meine eigenen Ideen umgesetzt und da doch mit Leim gearbeitet.
Als erstes zwei Notizbücher in Koptischer Bindung mit Seiten aus farbigem, handgerissenem Tonzeichenpapier. Wie Sie sehen, habe ich wirklich jedes dekorative Element der Teeschachtel verwendet, so dass die Einbände auch auf den Innenseiten geschmückt sind und eine Zetteltasche haben. Für die Heftung habe ich bei allen Notizbüchern Sticktwist oder Perlgarn aus Baumwolle genommen.
Hier noch ein Notizbuch in Koptischer Bindung, diesmal dekoriert mit Elementen einer Schachtel 4711 Remix Cologne Orange und Seiten aus farbigem Druckerpapier in zwei Orangetönen.
Auch bei den zwei Notizbüchern in Langstich-Bindung kam jedes dekorative Element der Teeschachtel zum Einsatz. So gibt es auch hier innen und außen Dekorationen und eine Zetteltasche. Die Seiten sind aus farbigem Druckerpapier in zwei Tönen und der Einband aus doppelt gelegtem, mit Tonpapier gefüttertem Buchgewebe. Das Tonpapier wird an Kopf und Fuß als farbige Kante sichtbar.
Hier einmal alle Notizbücher in der Rückenansicht. Die Koptische Bindung stammt aus dem 4. Jahrhundert und wirkt dementsprechend urig mit ihren steifen Deckeln, dem offenen Rücken und den dekorativen 'Zöpfen' der Bindung. Die Langstich-Bindung stammt aus dem Mittelalter, aber ich verwende hier eine von Keith A. Smith entwickelte Variante. Sie ist visuell ruhiger aber haptisch interessant mit den glatten Spannfäden am Buchrücken und dem Eindruck eines stabilen Taschenbuchs. Bei beiden Bindungsarten können die Seiten ganz flach aufgeschlagen werden, weil sie nicht am Rücken miteinander verklebt sind wie bei modernen Bindungen. "Sitzt, passt, wackelt und hat Luft": Das ist hier kein Mangel sondern ein Charakteristikum dieser frühen Bindungsarten.
Diese Fünf gehören zu meinen diesjährigen Exponaten für die Winterausstellung in der Galerie Handwerk Koblenz vom 17. November bis 22.Dezember.
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