In meinem allerersten Bastelbuch*, das ich schon hatte, bevor ich überhaupt lesen konnte, steht zum Thema Klebebänder: "Ihr wisst, wie sie einen ärgern können, weil sie oft viel zu rasch irgendwo festkleben." Das ist nur zu wahr!
Generell gilt ja: Je mehr Wasser in einem Klebstoff ist, desto leichter und länger lässt sich die Klebung korrigieren. Wie wir schon gesehen haben, kann man mit Kleister verklebtes Papier sehr lange und mühelos neu positionieren. Bei Tesafilm & Co. geht das überhaupt nicht, es sei denn, man hat ein wieder ablösbares Klebeband.
Wenn überhaupt, so wird Tesafilm in der Buchbinderei nur dazu verwendet, einen flotten Spruch an die Kühlschranktür zu kleben. Es wird niemals, niemals, niemals zur Buchreparatur verwendet! (Und das sollten Sie auch nicht tun.) Warum? Solche Klebefilme sind nur zum zeitlich begrenzten Zusammenkleben von relativ wertlosen Materialien gedacht, zum Beispiel beim Verpacken von Geschenken in Geschenkpapier. Gewöhnliche Klebefilme altern schnell. Wieder ablösbare Varianten können schon nach ein paar Wochen einen Schatten auf dem Papier hinterlassen, wo sie geklebt haben. Ursprünglich dauerhaft klebender Film löst sich nach einigen Jahren ab und hinterlässt hässliche Flecken auf dem Untergrund. Deshalb verwenden Profis Klebebänder in Archivqualität, beispielsweise filmoplast. Archivqualität bedeutet, dass das Band säurefrei ist und weder altert noch das Material beschädigt, auf dem es klebt. Filmoplast gibt es in Spezialgeschäften und natürlich online (einfach die Suchmaschine fragen). Es gibt unterschiedliche Stärken und Größen, von dünnem filmoplast P zum Ausbessern eingerissener Papierseiten bis zu dem schweren Textilklebeband filmoplast T.
Wenn Sie schon von Scrapbooking gehört haben oder es sogar selbst praktizieren, wissen Sie, dass auch dort Archivqualität ein großes Thema ist. Alles, was verarbeitet wird, sollte säurefrei und alterungsbeständig sein und die verwendeten Fotos nicht beschädigen. Denn man will ja Erinnerungsalben herstellen, die auch zukünftige Generationen noch bewundern können. Man kann von Scrapbooking halten, was man will (ich halte es für eine Gelddruckmaschine), aber seit es das gibt, kann man in wirklich jedem Bastelgeschäft ganz einfach Materialien in Archivqualität kaufen und muss nicht mehr zum Spezialisten: Zum Beispiel säurefreies doppelseitiges Klebeband.
Doppelseitiges, säurefreies Klebeband wird im Gegensatz zu Tesafilm in der Buchbinderei oft und gerne verwendet – wenn auch nicht von allen. Wenn man relativ kleine Stücke Papier schnell, dauerhaft und ohne Zufuhr von Feuchtigkeit an Papier oder Pappe ankleben möchte, ist dieses Klebeband das Mittel der Wahl. Man sollte nur darauf achten, ein Klebeband in guter Qualität zu verwenden und es in einer verschlossenen Tüte lagern, denn das Band zieht Staub und Flusen an, die dann an der Rolle festkleben.
Auch doppelseitiges Klebeband kann einen ärgern, weil es oft viel zu rasch irgendwo festklebt. Aber dagegen gibt es einen Trick, den ich einst in einem britischen Buch gefunden habe und der aus einer Zeit stammt, da die Mediengestalter noch mit Papier und Klebeband gearbeitet haben. Will man beispielsweise ein Papierschildchen ankleben, so bringt man auf dessen Rückseite vier Streifen doppelseitiges Klebeband entlang der Kanten an und zieht das Trägerpapier von jedem Streifen etwa zur Hälfte ab. Die lose Hälfte knickt man so um, dass sie über die Kante heraussteht. Jetzt kann man das Schildchen umdrehen und in Ruhe positionieren und geraderücken, ohne dass es gleich festklebt. Wenn alles gut sitzt, ein Trägerpapier nach dem anderen am überstehenden Ende fassen und abziehen. Dabei das Schildchen gut festhalten, damit sich nichts verschiebt. Das funktioniert mit einiger Übung wunderbar!
Ein weiteres Helferlein in der Buchbinderei ist Kreppband (Malerkrepp, neudeutsch auch masking tape). Da es sich leicht und ohne den Untergrund zu beschädigen wieder ablösen lässt, macht es sich nützlich beim temporären Befestigen, Zusammenhalten und Markieren von Material. Mit Betonung auf 'temporär', denn genau wie Tesafilm & Co. altert auch normales Kreppband schnell und entwickelt dann ziemlich hässliche Eigenschaften. Ich habe einmal zu Dekorationszwecken ein Fenster mittels Malerkrepp in ein Sprossenfenster verwandelt. Der Effekt hat mir so gut gefallen, dass ich das Kreppband viele, viele Wochen auf der Scheibe habe kleben lassen. Weitaus weniger gut hat es mir gefallen, dass das Kreppband nach dieser Zeit überhaupt nicht mehr abging und ich jeden einzelnen Zentimeter mühsam mit dem Messer von der Scheibe kratzen musste!
Um die Klebstoffgeschichten nun würdig abzuschließen, hier noch ein letzter Tipp, der so offensichtlich ist, dass man selbst hätte draufkommen können: Wer kleine Stücke schwächer klebenden Kreppbands für besonders empfindliche Untergründe benötigt, kauft keine spezielle Rolle sondern nimmt normales Kreppband, klebt es auf seine Jeans oder einen anderen robusten, nicht-fusselnden Stoff und zieht es wieder ab. Voilà, Kreppband für empfindliche Untergründe!
*Ulla Leippe, Was Kinder gerne basteln, Humboldt-Taschenbuchverlag, München, 1971, Zitat auf Seite 113
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