21/07/2025

Die Sendai-Kollektion

All mein Chiyogami, das ich bisher gekauft habe, ob in London bei Shepherds, in München bei Carta Pura oder hier in Heidelberg in dem Papierladen, der vorher Papierwerkstatt Dieter Bahr und jetzt Pappenheimer heißt, hat eines gemeinsam: Es kam zwar aus Japan, aber mit einem Umweg über den Großhändler The Japanese Paper Place in Toronto, Kanada. Wer über eine Kreditkarte verfügt, kann übrigens bei einem kanadischen Online-Einzelhändler auf das volles Sortiment von über 700 verschiedenen Arten von Chiyogami-Bögen zugreifen.

Jetzt aber habe ich zum ersten Mal Chiyogami, das direkt aus Japan zu mir gekommen ist. Es stammt aus einem Schreibwarenladen in der Großstadt Sendai, Präfektur Miyagi, und war Teil einer ganzen Tüte voll Reisemitbringseln für mich. Es war auch ein Flyer eines traditionellen Papierladens in Tokio dabei, und die Fotos der geführten Produkte haben mich zu einer neuen Kollektion inspiriert. Mit Material aus Sendai, Inspiration aus Tokio und meiner Hände Arbeit in Deutschland ist die Sendai-Kollektion entstanden, die ich nach und nach vorstellen werde. Heute geht es los mit den kleinen Schachteln.

Die Sendai-Kollektion besteht aus kleinen Schachteln, großen Schachteln und Chiyogami-Schalen. Hier ist auf einem Sekretär von jedem ein Exemplar im Muster 'Palmette' in Aktion zu sehen. Die gerahmte Postkarte zeigt übrigens eine Stadtansicht von Heidelberg, gemalt von William Turner.

 

Die kleinen Schachteln

Eine gute Größe für Visitenkarten mit Platz zum Hineingreifen, so dass man den Inhalt nicht auskippen muss.

Diese Schachteln haben einen mit Chiyogami bezogenen Stülpdeckel und ein mit einfarbigem Satogami bezogenes Unterteil. Innen gibt es 10 x 6,4 cm Platz, bei 3,5 cm Tiefe. Das Außenmaß ist 11,1 x 7,4 cm, die Gesamthöhe 4,0 cm. Das ist genug für einen Stapel Visitenkarten, aber auch für Datensticks, bunte Masking Tape Rollen oder Kleinkram, der gerne überall herumfliegt.

Kleine Schachteln 'Sendai'
Pappe, Chiyogami, Satogami
innen 10 x 6,4 cm, 3,5 cm tief
außen 11,1 x 7,4 cm, 4 cm hoch
Ab sofort zu haben für 35 € das Stück. (Stand Juli 2025)

Die kleine Schachtel 'Asanoha' Gold auf Schwarz mit Satogami in Saftgrün.
Asanoha ist ein traditionelles japanisches Muster (Wagara), das Hanfblätter darstellt. Hanf wurde früher hauptsächlich zu Textilien weiterverarbeitet und die Pflanze war bekannt für ihre Vitalität und Stärke. Daher wurde das Hanfmuster gern für Kinderkleidung verwendet, als Ausdruck des Wunsches, dass sich die Stärke und Vitalität der Hanfpfanze auf den eigenen Nachwuchs übertragen möge.
Die kleine Schachtel 'Blütensiegel' Blaugrün mit Satogami in Bambusgrün.
Die kleine Schachtel 'Palmette' Petrol mit Satogami in Wassergrün.
Die kleine Schachtel 'Seigaiha' Türkis mit Satogami in Bambusgrün. Über das Muster Seigaiha gibt es bereits einen Blogbeitrag. Dieses Wellenmuster wird hier noch durch zusätzliche Wasserreflexe ergänzt.
Die kleine Schachtel 'Uroko' mit Satogami in Schwarz.
Uroko ist ebenfalls ein traditionelles japanisches Muster (Wagara), das die Schuppen von Schlangen, Fischen oder Drachen darstellt. Dieses Muster soll vor Schaden schützen und war deshalb – verständlicherweise – äußerst beliebt bei den Samurai.

Nächstes Mal geht es weiter mit den großen Schachteln.

07/07/2025

Bauchgefühl und Erdbeermarmelade
– und was das mit Kunsthandwerk zu tun hat

Beim Bayerischen Kunstgewerbeverein in München ist gerade eine Ausstellung zu Ende gegangen, in der anhand von zwanzig Beispielen der manchmal "kurvenreiche" Weg ins Kunsthandwerk gezeigt wurde. Warum der Weg bei manchen kurvenreich ist – ja, eigentlich zwingend sein muss –, wird gleich zu Anfang klar:

"Höre auf deinen Bauch", so rät eine erfolgreiche Kunsthandwerkerin für die Entscheidung bei der Berufswahl.

Als ich das gelesen habe, musste ich erst einmal lachen. Mein Bauch will nämlich regelmäßig etwas zu Essen und sagt deshalb eigentlich Nein zum Kunsthandwerk. (Falls Sie das nicht nachvollziehen können: Auf Grund von Erfahrungsberichten kann man sagen, dass nur bei einem geringen Anteil der Kunsthandwerker die Einkünfte aus der eigenen Arbeit auch zum Leben reichen. In Ermangelung eines Grundeinkommens benötigen die meisten daher irgendwelche zusätzlichen Einnahmequellen, damit regelmäßig Essen auf dem Tisch steht. Das kann einen schon abschrecken.)

Nun ist aber gerade das Kunsthandwerk ein Beruf mit Berufung. In anderen Worten: Niemand, der noch ganz bei Trost ist, macht das einfach so. Man muss es wollen. Was einen antreibt, ist der Schaffensdrang (oder der Betrieb der Eltern, der übernommen werden will, aber auch da geht’s nicht ohne eigene Motivation). Mit einer solchen Berufung ist das Leben erst lebenswert, wenn man möglichst jeden Tag den ganzen Tag nach Herzenslust töpfern, schmieden, schneidern, schreinern oder eben Schachteln machen kann. So einfach ist das. Je nach charakterlicher Disposition dauert es unterschiedlich lange, bis man das einsieht und sich ins Unvermeidliche findet.

Ist das Kunsthandwerk also nur ein Egotrip zur Selbstverwirklichung? Und wieso überhaupt etwas händisch herstellen? Heutzutage gibt es dazu keine Notwendigkeit mehr; alles kann sehr viel günstiger industriell hergestellt werden. Man kann wirklich alles fertig kaufen, manchmal sogar in sehr guter Qualität. Warum also sich die Mühe machen? Hier ist ein Versuch einer Antwort.

Eine industriell hergestellte Erdbeermarmelade aus dem Supermarkt ist immer gleich in Aussehen und Geschmack. Das ist auch so beabsichtigt. Aber eine Erdbeermarmelade aus dem Hofladen, die ein Mensch gekocht hat, ist anders und hat einen individuellen Charakter, wenn man so will. Selbst wenn zwei Landfrauen nach demselben Rezept Marmelade kochen, wird das Ergebnis nicht gleich ausfallen. Das liegt daran, dass die menschliche Hand im Spiel ist und sich dadurch immer etwas von der Persönlichkeit und den Gefühlen des dazugehörigen Menschen manifestiert. Man legt etwas hinein in sein Werk: die eigene Freude und Begeisterung, Gedanken, die man sich gemacht hat, eine menschliche Wärme. Vielleicht sogar eine künstlerische Aussage.

Diese Art der nonverbalen Kommunikation mit dem Nutzer ist nur bei handgemachten Dingen möglich. Den industriell hergestellten Produkten fehlt das und ich denke, dies fühlen die meisten Menschen auch instinktiv. Man versucht dann, diesen Mangel durch 'Erlebnisshopping' zu übertünchen. Das 'Erlebnis' ist aber schnell vorbei und man hält zu Hause ein beliebiges, lebloses Teil in Händen, an dem man schon wieder das Interesse verloren hat.

P.S.: Dieses Essay illustrieren Fotos vom vergangenen Freitag, die meine Werkbank zeigen. In Arbeit ist gerade ein Teil der neuen Kollektion, die ich in den kommenden Wochen vorstellen werde.

Ich freue mich über Kommentare an ateliergry@gmail.com.

23/06/2025

Wandobjekte 'Variationen über ein Thema von Vasarely'

Variation 4: Bamberger Kaliko Duo hafer, Lokta weiß mit grünen Ranken, Filz creme

Hier sehen Sie weitere Ergebnisse meiner Beschäftigung mit dem Werk des Op-Art Künstlers Victor Vasarely: Wandobjekte mit einer Schmuckbox im Objektrahmen, wobei die Schmuckbox ganz klar von Vasarelys unité plastique, zu Deutsch die 'plastische Einheit', inspiriert ist. Plastische Einheiten sind farbige Quadrate mit einer andersfarbigen zweidimensionalen geometrischen Figur darin.

Variation 3: Bamberger Kaliko Colibri green apple, Lokta weiß mit grünen Ranken, Filz olivgrün

Die sechs Variationen sind im Zuge meiner Arbeit an 'The Sixteen' und 'Elemente' entstanden. Genau wie die beiden anderen Werke können die 'Variationen' der Aufbewahrung dienen, müssen es aber nicht. Jede Box ist per Magnet in ihrem Rahmen befestigt und kann abgenommen werden. Theoretisch kann man sie auch als Kühlschrankmagnet verwenden, was ich aber nicht unbedingt empfehlen würde. :-)

Variation 1: Bamberger Kaliko Duo fango, Lokta schwarzweiße Blumen, Filz dunkelgrau

Die Boxen wurden aus 2 mm-Buchbinderpappe gefertigt und sind mit fair gehandeltem Lokta-Papier aus Nepal bezogen und gefüttert, mit Böden aus weichem Viskose-Filz. Versehen mit Wickelhüllen nach Art einer japanischen hako chitsu Bücherschachtel, mit versenktem Magnetverschluss und einem weiteren starken Magneten im Boden. Der Bezug der Wickelhüllen besteht aus entweder Bamberger Kaliko Duo (ein bicolor-Bucheinbandgewebe mit changierendem Farbenspiel aufgrund zweifarbiger Kette und Schuss), Bamberger Kaliko Colibri (ein edler, glänzender Bucheinbandstoff im Seidenlook aus 100% Viskose) oder Honan (ein elegantes, glänzendes Bucheinbandgewebe in Wildseidenoptik aus 100% Viskose). Der Rahmen aus unbehandeltem Buchenholz/Sperrholz ist mit einer Satogami-bezogenen Platte versehen, in der sich ein starker Magnet befindet, der die Box hält.

Variation 2: Bamberger Kaliko Duo hafer, Lokta schwarzweiße Blumen, Filz creme
Variation 5: Bamberger Kaliko Colibri cranberry, Lokta Goldranke grün, Filz rot
Variation 6: Honan 003, Lokta Goldranke grün, Filz weinrot

Wandobjekte 'Variationen über ein Thema von Vasarely'
Bucheinbandgewebe, Lokta-Papier, Filz, Pappe, Magnete, Satogami, Buchenholz-Objektrahmen
Boxen 7,5 x 7,5 cm, 4,4 cm hoch; im Rahmen 15 x 15 cm, 5 cm hoch
aktueller Stückpreis (Juni 2025): 55,00 €

Ich freue mich über Kommentare an ateliergry@gmail.com.